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Gute Laune aus dem Wasserhahn

■ Ini macht mobil gegen Zentrum für molekulare Neurobiologie

„Wir werden gegen die Genehmigung klagen“, weiß Hartwig Zillmer, Gentech-Experte der GAL-Nord, schon heute. Zwei Tage, nachdem die Umweltbehörde grünes Licht für den 80 Millionen Mark teuren Neubau des „Zentrums für molekulare Neurobiologie“ gegeben hat, formiert sich in Eppendorf der Widerstand gegen die geplante Forschungsstätte. Am 10. Januar wollen sich Galier, Zentrumsanwohner und gentech-kritische Sozialdemokraten im GAL-Büro an der Bussestraße treffen, um weitere Aktionen gegen das Zentrum zu planen.

„Nachdem drei Standorte auch wegen sicherheitstechnischer und ökologischer Bedenken abgelehnt wurden, ist es ein Unding, das Teil nun mitten ins Wohngebiet zu knallen“, klagt Zillmer. Unklar sei vor allem, „ob es ausreichende Entsorgungsnachweise für die gentechnisch manipulierten Bakterien und Viren gibt“. Doch Angst macht der Bürgerinitiative auch die Stoßrichtung der Forschung: Die Neurobiologen wollen in der Martinistraße die Geheimnisse des menschlichen Hirns lüften und herausfinden, wie sich die dort sitzenden 14 Milliarden Nervenzellen miteinander verständigen.

Eines der erklärten Fernziele der der Eppendorfer ForscherInnen ist die Entwicklung punktgenau wirkender, nebenswirkungsarmer Psychopharmaka, welche die noch gebräuchlichen chemischen Allroundkeulen ersetzen sollen, die ganze Hirnbereiche aktivieren oder vernebeln.

Jürgen Dralle, kaufmännischer Leiter des Instituts, hofft, „daß man depressiven oder schizophrenen Menschen dann keinen Psychopharmaka-Rundschlag mehr in den Kopf donnern muß“.

Die Eppendorfer BürgerinitiativlerInnen kritisieren daran, „daß eine Krankheit in diesem Weltbild nicht als körperlicher Hilferuf auf krankmachende Situationen verstanden wird, sondern nur als Störung im Molekül, die durch Tabletten gelindert und abgestellt werden kann“.

Die Vision von der guten Laune aus der Pillen-Packung oder gar aus dem Wasserhahn ist dabei kein Hirngespinst verschrobener Kritiker, sondern das Ideal manches Gentech-Liebhabers. So träumt der für „Geo“ und die „Zeit“ publizierende Wissenschaftsjournalist Erwin Lausch von einer „friedfertig stimmenden Substanz, die – ins Leitungswasser gemischt – die Situation in Nordirland entschärfen könnte“. Marco Carini

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