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US-Rennrodler hoffen auf eine Signalwirkung

■ Montag beginnt der Oberhof-Prozeß

Oberhof (taz) – Der US-amerikanische Rennrodler Duncan Kennedy wird als Zeuge vor dem Suhler Amtsgericht aussagen. In der südthüringischen Kleinstadt beginnt am Montag der Prozeß gegen die beiden mutmaßlichen Rädelsführer des rechtsextremistischen Angriffs auf die amerikanische Nationalmannschaft. Am 29. Oktober hatten Skins die zum Training im Wintersportzentrum Oberhof weilenden Rennrodler aus einer Diskothek vertrieben. Duncan Kennedy war mit Fußtritten und Faustschlägen verletzt worden, als er sich schützend vor seinen farbigen Teamkollegen Robert Pipkins stellte.

Die Staatsanwaltschaft Meiningen teilte mit, daß gegen weitere fünf Jugendliche Anklage erhoben wurde. Oberstaatsanwalt Peter Meckel wirft den Skins Mittäterschaft bei der gemeinschaftlich begangenen schweren Körperverletzung an Duncan Kennedy vor. Die Angeklagten werden rechtsextremistischen Cliquen in Suhl zugeordnet. Gegen zehn weitere Jugendliche wurden die Ermittlungen eingestellt. Nach Aussagen des südthüringischen Polizeichefs Egon Ludhardt waren mehrere der Suhler Skins bereits als „altbekannte Kriminelle“ aufgefallen.

Zu Beginn des Viessmann-Rodelweltcups in Oberhof erklärte Kennedy am Donnerstag, er erwarte von dem Prozeß eine Signalwirkung gegen neofaschistische Gewalt. Robert Pipkins beschrieb, wie ihn der Überfall immer noch seelisch belaste. Vergleichbares habe er daheim, in den Staaten, „glücklicherweise noch nie erlebt“. Beide Sportler betonten jedoch auch, daß sie den Vorfall als „Ausnahme“ in ihr Deutschlandbild einordnen. „Wir haben sehr viele Freunde hier in Deutschland und in Oberhof“, sagte Duncan Kennedy auf einer Pressekonferenz. Das Schönste am Weltcup sei für ihn, „in Ruhe Schlitten fahren zu können“ und die Freundlichkeit der Oberhofer zu erleben.

Die um den guten Ruf des Wintersportzentrums fürchtenden Einwohner hatten sich einiges einfallen lassen. Bürgermeister Hartmut Göbel beschwor die Weltoffenheit seiner Stadt, die seit Jahrzehnten Austragungsort internationaler Wintersportwettkämpfe ist. Neben den amerikanischen Rodlern sind auch Sportler aus Kanada, Schweden, Polen, Österreich, der Ukraine, der Tschechischen Republik, aus Slowenien und Norwegen zum Weltcup nach Oberhof gereist.

Die Wettkämpfe gelten als direkte Vorbereitung auf die Olympiade in Lillehammer. Duncan Kennedy: „Ich wünsche mir, daß sich in Lillehammer das gleiche Medieninteresse wegen unserer sportlichen Leistungen einstellt.“ Detlef Krell

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