: Sander Dickkopp vor dem Fall
■ Lohbrügger Wasserturm soll Wohnturm werden - ohne Kulturgenossenschaft Von Marco Carini
Was wird aus dem „Sander Dicckopp“, dem Lohbrügger Wahrzeichen? Das Bezirksamt Bergedorf will den heutigen Kulturtreffpunft an einen privaten Investor verscherbeln, der hier sein neues Privatdomizil errichten möchte. Doch hinter dem Erfolg der Verhandlungen stehen noch viele Fragezeichen.
Seit Jahren wird der Turm von der „Kulturgenossenschaft Wasserturm“ als nicht-kommerzielles Freizeit- und Kulturzentrum genutzt. Damit soll jetzt Schluß sein: Ende Dezember kündigte die städtische Sprinkenhof AG, die den Turm verwaltet, den Mietvertrag zum 31. März. Sprinkenhof-Vorstand Karl-Heinz Ehlers: „Zusätzliche, vom Bezirk geforderte Sicherungsmaßnahmen im Eingangsberich, die Besucher vor möglicherweise herabfallenden Turmteilen schützen, würden über 50.000 Mark kosten. Das werden wir keinesfalls investieren.“ Als Konsequenz stellte die Sprinkenhof AG einen Abrißantrag für das Lohbrügger Wahrzeichen.
Der aber wurde jetzt vom bezirklichen Bauausschuß kassiert. Denn Bergedorfs Politiker und Verwaltungsbedienstete wollen das Wahrzeichen erhalten: „Der Turm soll auf jeden Fall stehenbleiben“, betont Bezirksamtschefin Christine Steinert. Ihre Behörde habe bereits einen privaten Investor an der Hand, der den Turm als Wohngebäude nutzen will: „Die Verhandlungen sind schon in vollem Gange“. Der Investor, der Hamburger Autohändler Peter S., bestätigt, daß die Gespräche mit dem Bezirk bereits „im Endstadium“ seien. Er will im Erdgeschoß Wohneinheiten „um den Turm herum“ und damit ins Landschaftsschutzgebiet hinein bauen, die Außen-Fassade des „Dickkopp“ soll mit einem Fahrstuhl und einer Fluchttreppe verschönert werden.
Geerd Dahms, Vorstandsmitglied der Kultur-Genossenschaft, mag an die Ernsthaftigkeit der Verkaufsverhandlungen nicht glauben: „Eine Umwidmung zum Wohngebäude ist überhaupt nicht finanzierbar“. Bereits Ende der achtziger Jahre ermittelte das Denkmalschutzamt, daß ein entsprechender Umbau mindestens 2,2 Millionen Mark kosten würde, Fahrstuhl, Fluchttreppe und Randumbauung exklusive. Aufgrund der Preissteigerungen müßte Peter S. heute weit über 3 Millionen Mark in das Projekt stecken. Der Autohändler aber ist sicher: „Ich kann den Umbau finanzieren“.
Nicht finanzierbar scheint jedoch die Sanierung des einsturzgefährdeten Dachstuhls, die der Kulturgenossenschaft den weiteren Verbleib im Dickkopp sichern würde. Auf „mindestens 1,5 Millionen Mark“ taxiert der Bergedorfer Verwaltungsdezernent Hans Harten den Preis für die notwendige Instandsetzung. Die Kulturgenossenschaft hat hingegen ein Renovierungskonzept vorgelegt, das sich auf rund 800.000 Mark beläuft. „Nicht viel teurer als ein Abriß“, sagt Geerd Dahms. Doch die Bezirks-Verwaltung hat offensichtlich an einem Verbleib der Initiative im Turm kein Interesse: Sie prüft das Konzept nicht einmal, so der Vorwurf von Geerd Dahms.
Um den Turm als kulturellen Treffpunkt zu retten, wollen VertreterInnen von mehr als 20 Vereinen und Organisationen eine Bürgerinitiative gründen. Ein großes Turmfest ist für den 5. März geplant, ein Benefizspiel der Verbandsliga-Fußballer des VfL Lohbrügge für den Dickkopp ist anvisiert. Zu den Gründungsmitgliedern der BI gehören auch hochrangige PolitikerInnen der Bergedorfer CDU. Sie könnten zusammen mit der GAL und der Statt Partei den geplanten Verkauf noch kippen, würden dabei aber Karl-Heinz Ehlers, dem innenpolitischen Sprecher ihrer Bürgerschaftsfraktion, mächtig in die Quere kommen.
Denn der CDU-Promi und Sprinkenhof-Vorstand verkündet, die städtische Immobiliengesellschaft werde sich „so schnell wie möglich von dem Turm trennen, wenn ein Abriß nicht machbar ist“. Um mögliche Kaufinteressenten nicht zu verprellen, werde die ausgesprochene Kündigung „auf jeden Fall aufrecht erhalten“.
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