: Tod in Sierksdorf
■ Der Tod von Delphin Daisy im Hansa-Park: Tierschützer und Trainer warnten vergebens Von Kai von Appen
Als TierschützerInnen im Juli 1993 im Delphinarium des Hansa-Parks Sierksdorf die Show platzen ließen und Freiheit für „Daisy“ und „Peppina“ forderten, war Delphin „Aureka“ bereits tot. Doch weder das Hansa-Park-Management noch der Besitzer Eddi van Stijn wollten damals die Warnung verstehen - beide pochten auf die Einhaltung des Vertrages bis 1995. Jetzt ist es zu spät: „Daisy“ (30) ist in ihrem Gefängnis langsam lebensmüde geworden und am Sonntag gestorben.
Seit Jahren tobt der Streit um die Haltung von Delphinen in Gefangenschaft. In England zum Beispiel sind mittlerweile alle Delphinarien geschlossen worden. Im Tierpark Carl Hagenbeck - und bis vor kurzem noch in Sierksdorf - müssen die niedlichen Flipper dagegen noch immer täglich ihre Clownerien abhalten.
Reine Quälerei, meinen die Tierschützer. Allein schon die Geräuschkulisse durch die Zuschauer verursache bei den intelligenten Meeressäugern enormen Streß. Zudem würden die Tiere, um sie zu den Kunststücken zu bewegen, künstlich hungrig gehalten, bekämen erst nach dem Sprung durch den Reifen einen Fisch zur Belohnung. Und auch die Haltung in den kleinen Becken sei Tierquälerei - in Sierksdorf hatte der Bottich ganze 16 Meter Durchmesser. Da Delphine über Pfeifsignale kommunizieren, ist eine Verständigung im Delphinarium nicht möglich, weil das Signal durch die Beckenwände zurückgeworfen wird.
Auch bei Daisys Trainer Sebastian Syrbe hatte sich diese Erkenntnis durchgesetzt. Er prangerte vor wenigen Wochen die Haltung der sensiblen Meeressäuger in Delphinarien öffentlich an und warnte vor Daisys Tod. Sein Wunschtraum: keine Shows mehr. Statt dessen wollte er die Tiere freikaufen, um sie in einer abgesperrten Meeresbucht in Israel „auszuwildern“. Doch am Sonntag hörte Daisy auf zu atmen und sank auf den Beckengrund. Nach Auffassung des Trainers könnte Daisy noch leben, wenn der Hansa-Park auf die Vorführungen verzichtet hätte. Er hofft nun, zumindest Peppina - die in den Duisburger Zoo gebracht wurde - zur „Auswilderung“ freikaufen zu können.
Daisys Tod wird auf die Delphinshows bei Hagenbeck keine Auswirkungen haben. Zoodirektor Claus Hagenbeck bezweifelt, daß es einen Zusammenhang zwischen Beckenhaltung und dem Ableben gibt: „Im Zoo wird geboren und im Zoo wird auch gestorben.“ Im Hamburger Zoo war vor zwei Jahren ein Delphin während einer Show gestorben. Doch für Hagenbeck sind die andauernden Presseberichte eine von Tierschützern initiierte Kampagne: „Es ist alles er-stunken und erlogen und hat mit Realität nichts zu tun.“ Es gebe keine wissenschaftlichen Untersuchungen, die die Vorwürfe der Tierschützer belegen könnten. Hagenbeck: „Ein Delphin wird in der Obhut des Menschen genauso alt wie in der freien Wildbahn.“
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