Statt Ruhestand ein Ministeramt

■ Der Ex-Bauingenieur Laermann wird für die FDP Bildungsminister / Möllemann winkte ab

Bonn (taz) – Da Ministerwechsel bei Regierungen mit beschränkter Zukunft nur geringen Unterhaltungswert haben, ließ sich das Bundespräsidialamt gestern etwas Besonderes einfallen: Um 10.50 Uhr wurden Journalisten per Fax zur „Ernennung von Wolfgang Gerhardt zum Bundesminister für Bildung und Wissenschaft“ ins Berliner Schloß Bellevue eingeladen. Zu diesem Zeitpunkt hatten in Bonn der FDP-Vorstand und die Bundestagsfraktion mit der Abstimmung über die Nachfolge des gestern zurückgetretenen Rainer Ortleb noch gar nicht begonnen. Und nicht der hessische FDP-Chef Gerhardt machte zwanzig Minuten später das Rennen, sondern der Bundestagsabgeordnete Karl-Hans Laermann.

Der forschungspolitische Sprecher seiner Fraktion hatte eigentlich mit seiner politischen Karriere schon längst abgeschlossen. Noch im Herbst verkündete der 64jährige Politiker aus Mönchengladbach, er wolle sich nach 20 Jahren im Parlament zum Ende der Legislaturperiode aus dem Bundestag verabschieden.

In einer Kampfabstimmung setzte sich der Professor für Baustatik an der Uni Wuppertal mit 41 zu 37 Stimmen gegen den stellvertretenden FDP-Bundesvorsitzenden Gerhardt durch. Seine Wahl gilt bei den Liberalen als „späte Belohnung“ für fleißige Arbeit im Bundestag. Hervorgetreten ist der frühere Bauingenieur bislang weniger als Bildungs-, denn als Wissenschafts- und Forschungspolitiker. Er profilierte sich als Befürworter der Atomenergie, als Freund der Gentechnik und Förderer des Transrapids. So bemüht sich der Politiker seit Jahren um öffentliche „Akzeptanz“ (Laermann) für die deutschen AKW. Für das vor wenigen Monaten verabschiedete Gentechnik-Gesetz hat er sich mit dem Ziel eingesetzt, Freiräume für die Industrie zu schaffen.

Von seinem Vorgänger Ortleb erbt Laermann die rigiden Sparbeschlüsse für Bafög-Empfänger. Daß er sie korrigieren will, hat er bislang nicht erkennen lassen. Er kündigte lediglich an, er wolle die Mittel „effizienter“ als bisher einsetzen und für die Hochschulen mehr Geld loseisen. Abwehren muß der Neuling im Amt auch die Machtansprüche des Kanzleramts, für das sich Staatsminister Anton Pfeifer (CDU) immer mehr in die Bildungspolitik einmischt.

Nicht nur das Bundespräsidialamt, auch FDP-Vorsitzender Klaus Kinkel hatte sich zur Nachfolgefrage etwas einfallen lassen: Er fragte bei Jürgen Möllemann an, ob er das Amt nicht wolle. Der mit seiner Doppelrolle als Parteichef und Außenminister überforderte Kinkel hätte den geltungsbedürftigen Quertreiber und parteiinternen Widersacher gerne eingebunden. Aber Möllemann machte eine Kandidatur abhängig von einer Aufstockung der Mittel für Bildung und Forschung sowie von einer Zusammenlegung beider Ministerien. Die Liberalen aber wollten dies dem Koalitionspartner CDU/CSU nicht zumuten.

Sauer aufstoßen dürfte den von Kürzungen bedrohten Studentinnen und Studenten die Höhe der Transportkosten für Laermanns Amtsübernahme. Der Bundeswehrflug zur Ernennung durch von Weizsäcker in Berlin und zurück zur Vereidigung im Bundestag kostete rund 15.000 Mark. Hans Monath