Unterm Strich

Wenn Sie die Seite, die Sie jetzt in der Hand halten, umblättern, dann finden Sie dort, unter unser Rubrik Daumenkino verzeichnet, eine kleine Kurzbesprechung des Walfilms Free Willy. Wir möchten gern noch nachreichen, daß selbst dieser total korrekte Film von Tierschützern angegriffen wurde, weil nämlich der Hauptdarsteller, Orca-Wal Keiko, noch immer in einem kleinen Bassin bei Mexico City vor sich hindümpelt. Was die Tierschützer nicht sagen, die Zeitschrift Cinema aber doch: Der wahre Keiko leidet seit langem an einer schweren Krankheit, die ständige ärztliche Aufsicht erfordert. Und: Keiko wurde in Gefangenschaft geboren, kennt's also gar nicht anders und wäre in der freien Natur nicht überlebensfähig. „Seine Instinkte“, so schreibt Cinema, „reichen nicht aus, um Freund und Feind zu unterscheiden.“

Das Literarische Colloquium Berlin-Wannsee, das in diesem Jahr sein 30jähriges Bestehen feierte, droht dramatischen Sparvorhaben des Berliner Senats zum Opfer zu fallen. (Langsam kommt man sich wirklich vor wie auf einer Eisscholle, links und rechts brechen sie neben einem weg...) Der Sprecher der Berliner Kulturverwaltung, ein gewisser Herr Klemke, hatte dpa gegenüber nicht dementiert, daß das Haus in bevorzugter Grundstückslage auf der schwarzen Liste steht, über deren Inhalt in dieser Stadt die hitzigsten und ängstlichsten Debatten stattfinden. Schon vor zehn Jahren sollte es dem Haus an den Kragen gehen, was damals noch zu einer Welle von Protesten geführt hatte. Die Institution selber sei nicht gefährdet. Klemke meinte, es werde auch „jedes Jahr wieder“ die Komische Oper zur Disposition gestellt. Ohne flächendeckende Stillegungen sei allerdings in Berlin nicht in größerem Stil zu sparen.

Dem Literarischen Colloquium waren für 1994 Zuschüsse in Höhe von 895.000 DM bewilligt worden, das Literaturhaus in der Fasanenstraße (Berlinale- Besuchern sei vor allem der Apfelstrudel nach der Lesung besonders ans Herz gelegt), erhält 850.000 DM. Eine Stadt rechnet verängstigt am Staatssäckel herum.

Der Indienforscher und Gründer des ersten Internationalen Instituts für Traditionelle Musik, Alain Danielou, ist, wie erst jetzt bekannt wurde, am 27. Januar im Alter von 83 Jahren in der Schweiz gestorben. Nach umfangreichen Reisen und Studien in Nordafrika, im Mittleren Osten, China, Japan undsoweiter gründete Danielou das Institut in Venedig und in Berlin. Von ihm beeinflußt waren Leute wie Philip Glass, Steve Reich und Terry Young.

Und immer mehr Hiobsbotschaften von der Kulturkampf-Front: Drei Viertel aller Bibliotheken in den neuen Bundesländern sind nach der Wende geschlossen worden. Von ehemals 6.500 Einrichtungen existieren noch ganze 1.750. Dafür habe die Zahl der Buchhandlungen um 300 zugenommen, logo.