: Der "mob" macht mobil
■ Im März erscheint die erste Ausgabe der Berliner Obdachlosen-Straßenzeitung "mob" / Wird es einen Konkurrenzkampf mit einer französischen Obdachlosenzeitung geben?
Noch ist die erste Ausgabe des Berliner Obdachlosen-Straßenmagazins mob in Vorbereitung, schon wird ein eventuell bevorstehender „blutiger Konkurrenzkampf“ befürchtet. Regine Thiele vom Informationsdienst „Binfo“ der Berliner Initiative gegen Wohnungsnot (BIN e.V.) hat Angst, daß die Pariser Obdachlosenzeitung Le Réverbère (Die Straßenlaterne) „wild entschlossen“ ist, auch auf den Berliner Markt zu drängen. Auch Sonja Kemnitz, eine der drei RedakteurInnen, die mob aufbauen helfen, ist zu Ohren gekommen, daß die Franzosen schon eine fertige Nummer unter dem Arm hätten. „Rein journalistisch“ sehen sich die mob-Macher allerdings im Vorteil: Sie kennen die Infrastruktur und haben die besseren Kontakte.
So war die Stimmung bei der gestrigen Vorstellung des ersten Berliner Zeitungsprojektes für und von Wohnungslosen, das von BIN e.V. herausgegeben wird, auch optimistisch. Das anfänglich monatlich erscheinende Magazin, das sich unter anderem an Modellen in London, The big Issue, und Hamburg, Hinz und Kuntz, orientiert, wird erstmals im März erscheinen. Ein genauer Termin steht ebensowenig fest wie der Verkaufspreis, da die Verhandlungen mit verschiedenen Druckereien noch laufen. „Wir sind einerseits noch am Anfang, andererseits mittendrin“, beschrieb Lars Fischer, kaufmännischer Leiter und hauptamtlicher Redakteur, den momentanen Stand. Fest steht bisher, daß mob einen Umfang von sechzehn Seiten und eine Startauflage zwischen 30.000 und 50.000 Stück haben wird. Die ersten Ausgaben werden aus Spendengeldern finanziert, später soll der Zeitungsverkauf genug Gewinn abwerfen.
Der Name mob ist bewußt gewählt worden, so Sonja Kemnitz, da die Obdachlosen oft als „Pöbel“ bezeichnet werden. Aufgrund ihrer Nichtseßhaftigkeit sind sie außerdem gezwungen, mobil zu sein. „Die Obdachlosen sollen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen“, so Hermann Pfahler, zweiter Vorsitzender von BIN e.V. Durch den Verkauf sollen sie mit der „normalen Bevölkerung“ ins Gespräch kommen. Den überwiegenden Teil der Verkaufseinnahmen können sie als Verdienst behalten. Auch der größte Teil der Artikel soll aus der Feder der Wohnungslosen stammen. Die drei hauptamtlichen Redakteure geben lediglich den „organisatorischen Rahmen“. Die Mitarbeit der Obdachlosen ist für Pfahler ein „zartes Pflänzchen, das gepflegt werden muß“. Optimistisch stimmte ihn die Resonanz auf das erste Vorbereitungstreffen vergangene Woche. Mehr als dreißig Wohnungslose waren gekommen, teilweise mit „einem Koffer voller Manuskripte“. Die hauptamtlichen Redakteure arbeiten ab Montag in der Kleinen Hamburger Straße, wo gemeinsam mit BIN e.V. Räume gemietet wurden. Barbara Bollwahn
Am 23.2., 14 Uhr, sind alle, die für „mob“ schreiben wollen, Gedichte oder Bilder haben, herzlich eingeladen in die Kleine Hamburger Straße 2 in Mitte, Vorderhaus, 2. Stock links, Tel.: 282 45 32. Am 2.3., 14 Uhr treffen sich die, die bei Vertrieb und Verkauf mitmachen wollen. Spenden an: Berliner Sparkasse, Konto: BIN e.V., 220 0054 27, BLZ: 100 500 00. Für die Einrichtung des Büros wird vom Briefumschlag bis zum Kopiergerät alles gebraucht.
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