Auf den Hund gekommen

■ Endlich: Die „Verordnung über das Halten von Hunden“ ist da

Berlin (taz) – Einstmals war der Hund dem Menschen ein treuer Gefährte. Bald ist er mehr: eine Person des öffentlichen Rechts. Die neue „Verordnung über das Halten von Hunden“ ist da. Was niemanden verdrießlich stimmen muß, denn wer sich an ein paar Paragraphen hält, hat nichts zu befürchten und „Auswirkungen auf die Umwelt“, so steht es in dem Werk geschrieben, „sind nicht zu erwarten“. Ebensowenig Proteste seitens der 4,5 Millionen teutonischen Vierbeiner. Denn siehe: Kraft Gesetz wird es vielleicht schon bald keine einsamen Hunde mehr hierzulande geben.

Künftig sind Frauchen und Herrchen verpflichtet, sich mindestens zwei Stunden mit ihrem Haustier zu beschäftigen – vorausgesetzt der Bundesrat stimmt dem Entwurf des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten zu. Und wenn sie keine Zeit haben, weil sie zum Beispiel gerade die neue Schutzhütte zimmern – „allseitig wärmegedämmt“, umgeben von „griffigem“ Geläuf, Mindestausmaße gemäß „Widerristhöhe“ siehe Anlage zu Paragraph vier, Absatz zwei –, muß darauf geachtet werden, daß der Hund acht Stunden in „Ruf- oder Sichtweite“ weilt.

Hurra, frohlockt es aus den Reihen der Tierschützer ob derlei klarer Regularien. In unserer „verrückten Gesellschaft“ bedarf es zum Wohle des Canis lupus „eindeutiger Sicherheiten“, sagt Anneliese Zum Kolk, Präsidentin des Bundesverbandes Tierschutz. Und so regelt Paragraph sieben die Mindestlichtstärke bei Zimmerhaltung („nicht unter 50 Lux“), derweil unter „Fütterung, Pflege und Wartung“ dem Habitus des Lieblings gedacht wird („Ein wöchentlicher Fastentag ist zulässig“).

All jene, die ihren Hund als Hütehund sehen und an die Kette legen, aufgemerkt: „Die Drahtstärke darf 3,2 Millimeter nicht überschreiten.“ Was dem Pekinesen ziemlich egal sein kann. Der gehört ohnehin aufs Sofa, „weil er“, lehrt eine Einzelvorschrift, „mit zwei Stunden Auslauf hintereinander überfordert ist“.

Mysterium Tierschutz. Schon wähnt Carl-Ludwig Thiele, Bundestagsabgeordneter der FDP, hinter alledem nichts als legislativen Flachsinn. Muß tatsächlich festgeschrieben werden, jault er, „was jeder vernünftige Hundehalter auch ohne Handbuch der Gesetzeskunde tut“? Unerhört, raunt Ingeborg Bingener vom Arbeitskreis wissenschaftlicher Tierschutz und verweist darauf, daß 20 Prozent aller Hunde unter unsachgemäßer Haltung zu leiden hätten. Tiere seien „vollendete Geschöpfe“ denen gleichermaßen rechtsstaatlicher Schutz gebühre wie dem Menschen. Und fordert gar den „Hundeführerschein“.

Grenzenlos sind die Möglichkeiten der Rundum-Obhut. Hoffentlich wird es dem Objekt der Güte nicht zuviel. Zumal ihn der Gesetzgeber ja doch irgendwie nur behandelt wie schnöde Marktware: „Auswirkungen auf Einzelpreise und Preisniveau sind nicht zu erwarten.“ Gerhard Pfeil