: Vage Zugeständnisse aus Jerusalem
Die israelische Regierung will jetzt internationale Beobachter in die besetzten Gebiete lassen, jedoch nur unbewaffnet und ausschließlich in den Gaza-Streifen und nach Jericho ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin
Vier Tage nach dem Massaker von Hebron zeigt sich die israelische Regierung zu Konzessionen bereit, um die Friedensverhandlungen mit der PLO zu retten. Um eine „Normalisierung“ in den besetzten Gebieten herzustellen und eine baldige Wiederaufnahme der Verhandlungen zu ermöglichen, ist die Regierung gewillt, in einigen Punkten von ihrer harten Haltung abzuweichen. So sollen in den nächsten Tagen rund 1.000 in israelischen Gefängnissen einsitzende Palästinenser freikommen. Die israelische Regierung scheint bereit, der PLO-Forderung nach einer 10.000 Mann starken palästinensischen Polizeitruppe nachzugeben. Und in Jerusalem freundet man sich mit einer Präsenz internationaler Beobachter in den besetzten Gebieten an, allerdings nur im Gaza-Streifen und in Jericho.
Die Freilassung der palästinensischen Gefangenen war ursprünglich als Geste des guten Willens für das Ende des islamischen Fastenmonats Ramadan geplant, wurde jetzt aber um zwei Wochen vorverlegt. Bis zum Wochenende sollen rund zehn Prozent der insgesamt etwa 10.000 in israelischen Gefängnissen schmachtenden Palästinenser entlassen werden. Nach Aussage der Behörden werden nur solche Gefangene freigelassen, die keine Menschenleben auf dem Gewissen haben und Organisationen angehören und die den Friedensprozeß unterstützen.
Ein wichtiger Grund für die Konzessionsbereitschaft ist die für gestern abend angesetzte Debatte des UN-Sicherheitsrates über das Massaker. Israel scheint jetzt bereit, die PLO-Forderung nach der Stationierung von 10.000 palästinensischen Polizisten im Gaza-Streifen und in Jericho zu akzeptieren. Bisher sollten die von Israel bewilligten Polizeieinheiten nur 8.000 Mann umfassen. Entgegen früheren israelischen Vorbehalten sollen die Polizisten auch bereits vor Beendigung der Verhandlungen über alle Aspekte der Autonomie-Zwischenlösung einrücken dürfen. Durch dieses Zugeständnis will die israelische Regierung Forderungen nach Sicherheitsgarantien für die palästinensische Bevölkerung entgegenkommen.
Des weiteren ist man in Jerusalem bereit, demnächst unbewaffnete internationale Beobachter im Gaza-Streifen und in Jericho agieren zu lassen. In offiziellen Erklärungen hieß es, diese Beobachter dürften jedoch nicht aufgrund eines UNO-Beschlusses entsandt werden. Vielmehr müßte ihre Mission von Israel selbst und „intern“ im Rahmen zukünftiger Verhandlungen mit der PLO beschlossen werden. Der israelische UNO- Vertreter Gad Jakobi deutete an, daß man auch bereit sei, die Entsendung unbewaffneter UN-Beobachter zu akzeptieren, vorausgesetzt die Entscheidung über deren Herkunft und Anzahl werde in Jerusalem gefällt.
Die israelischen Zugeständnisse werden von der US-Regierung befürwortet. Es ist jedoch fraglich, ob sie auch die palästinensischen Sicherheitsbedürfnisse befriedigen können. Die PLO fordert die Entsendung von bewaffneten UNO- Truppen nicht nur in den Gaza-Streifen und nach Jericho, sondern in die gesamten besetzten Gebiete. Schließlich wird die innere Sicherheit der beiden künftig teilautonomen Regionen nicht primär in israelischen Händen liegen.
Amtliche Stellen in Jerusalem betonen, daß sowohl die USA als auch Israel auf keinen Fall zustimmen werden, Teile der in Oslo und Kairo getroffenen Abkommen zur Disposition zu stellen. So lehnt es die israelische Regierung offiziell strikt ab, die Frage der jüdischen Siedlungen in den besetzten Gebieten auf die Tagesordnung zu setzen. Dies wird jedoch von der PLO-Führung verlangt. Inoffiziell werden aber auch in israelischen Regierungskreisen Stimmen laut, die eine Revision des Grundsatzes von der „Unantastbarkeit der Siedlungen“ fordern.
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