Kommentar: Gutachter helfen nicht
■ Bremen liegt nicht über Bundes-Trend
Soziale Hilfe ist ein kompliziertes Thema. Daß Gutachter für teures Geld engagiert werden müssen, um die Ausgaben mit denen ähnlich großer anderer Städte zu vergleichen, zeigt schon, daß es nicht so einfach ist, einen Überblick herzustellen.
Richtig kompliziert wird es aber, wenn man die moralische Komponente hinzunimmt. Wieviel Geld soll eine Stadt für einen krebskranken Sozialhilfeempfänger ausgeben? Wieviel für den Behinderten-Fahrdienst? Wieviel Geld ist den SteuerzahlerInnen einer Kommune der Datenschutz wert, der in vielen Fällen die Kontrolle der gemachten Angaben erschwert oder ganz unmöglich macht? Wieweit sollen Erwachsene für den Lebensunterhalt ihrer Eltern, der „Alten“, finanziell verantwortlich gemacht werden?
Das Münder-Gutachten macht vor allem eines deutlich: Politische Fragen wie die des Sozial-Etats können nicht auf Gutachter abgeschoben werden. Wenn Bremen bei den sozialen Hilfen sparen soll, weil dafür nicht Jahr für Jahr eine Milliarde mit steil steigender Tendenz ausgegeben werden kann, dann müssen die PolitikerInnen darüber offen und öffentlich reden. Denn es geht um Ansprüche, die in den vergangenen zwei Jahrzehnten entstanden sind und die die Gesellschaft abwälzen lernte auf den „Sozialstaat“. Jeder zehnte in Bremen bekommt Sozialhilfe. Das ist die Zahl, an dem sich der Sozialstaat übernommen hat. Nicht nur in Bremen. Klaus Wolschner
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen