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Moldowa beschließt GUS-Beitritt

■ Trotz moldowanischer Angebote will Rußland seine Truppen erst später abziehen / Sonderstatus für Transnistrien verlangt

Budapest/Chișinau – Nach gut zweijährigen Kontroversen wird die Ex-Sowjetrepublik Moldowa nun endgültig der GUS und deren „ökonomischem Abkommen“ beitreten. Das entschied das Parlament in der Hauptstadt Chișinau gestern mit großer Mehrheit. Bereits am Donnerstag hatte die neue Regierung des Landes als eine ihrer ersten Amtshandlungen die Beitrittsdokumente ratifiziert.

Anfang der Woche traf zudem eine militärische Delegation aus Moskau ein, die mit moldowanischen und transnistrischen Vertretern über die Beilegung des Transnistrien-Konfliktes und den Abzug der dort stationierten 14. Russischen Armee verhandelt. Die moldowanische Seite ist dabei bereits wesentliche Kompromisse eingegangen – ohne Ergebnis. Statt ab 1. Juli, wie ursprünglich gewünscht, schlug sie der russischen Seite vor, ihre Soldaten in den nächsten ein bis zwei Jahren abzuziehen. Rußland besteht jedoch auf einem späteren Termin und verlangt einen Sonderstatus für das separatistische Transnistrien. Unklar ist, inwieweit Rußland die Region in seine neuesten Pläne einbeziehen will, ständige Militärbasen außerhalb seines Territoriums zu errichten.

Die von knapp zwei Drittel Rumänen und einem Drittel Russen, Ukrainern und Gagausen bewohnte Ex-Sowjetrepublik Moldowa hatte nach dem Moskauer Putsch im August 1991 ihre Souveränität erklärt. Ein Machtkampf zwischen orthodoxen und Reformkommunisten, bei dem vor allem erstere die verschiedenen Ethnien gegeneinander zu mobilisieren versuchten, führte zur Abspaltung der „Transnistrien-Republik“ im Osten des Landes. Der dortige Bürgerkrieg hat Moldowa von seinen wichtigsten Industrieanlagen abgeschnitten.

Auf russischen Druck hin revidierte Moldowa seine anfängliche Orientierung am rumänischen „großen Bruder“ während der letzten anderthalb Jahre zugunsten einer schrittweisen Öffnung nach Osten. Im vergangenen Herbst stimmte das Parlament jedoch überraschend gegen einen Betritt zur GUS – und löste sich daraufhin auf. Bei den Wahlen am 27. Februar gewannen prorussische Kräfte die Mehrheit. Neben der Ratifizierung der GUS-Beitrittsdokumente unternahm das neue Parlament Anfang April nun auch Schritte, um Russisch zur zweiten Staatssprache zu erklären. Einen Gesetzesartikel, der unter anderem Staatsangestellte verpflichtet, Rumänisch zu beherrschen, setzten die Abgeordneten bis auf weiteres außer Kraft. Schon im November hatte die KSZE in einem bislang unveröffentlichten Bericht, dessen Existenz der Leiter der KSZE-Mission in Chișinau, Richard Samuel, gegenüber der taz bestätigte, Moldowa empfohlen, als „pragmatische Geste“ Russisch wieder zur gleichrangigen Staatssprache neben Rumänisch zu erklären. Keno Verseck

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