: Rechtsum in die Bundeswehr
■ NPD-DVU-Republikaner, die rechte Karriere eines Truppenlehrers und Reservistenchefs
An dieser Stelle ist die Bundeswehr ganz empfindlich: Nein, daß es zu politischer Betätigung innerhalb der Kasernenmauern gekommen wäre, das sei ihm nicht bekannt, sagt der Sprecher des Bremer Standortes. Immerhin: In der Bremer Bundeswehr-Fachschule lehrt ein Mann, der eine bewegte rechte Vergangenheit hinter sich hat, und noch munter weiter tätig ist: Reinhard Willnow, Lehrer für Deutsch, Pressesprecher der Bremer Republikaner, ehedem im Sympathiesantenkreis der NPD und DVU eifrig dabei, zwischendurch aus der Öffentlichkeit abgetaucht, um keinen Ärger mit seinem Arbeitgeber zu bekommen, aber hinter den Kulissen weiter aktiv. Angst scheint er keine mehr zu haben vor der Öffentlichkeit, die Rep-Erklärungen sind von ihm unterschrieben. Das scheint mittlerweile aber weder seinen Arbeitgeber, noch den Verein zu stören, dem er vorsteht: Reinhard Willnow ist Vorsitzender des Bremer Reservistenverbandes.
Daß Willnow rechtsaußen aktiv ist, das wissen seine Vorgesetzten nicht erst seit heute. „Die haben sich schon vor Jahren erkundigt“, erzählt Willnow. Aber offensichtlich war die politische Betätigung des Deutschlehrers für die Bundeswehr kein Thema, das zu weiteren Diskussionen Anlaß gegeben hätte. In seinem Job, so Willnow, halte er sich zurück: „Ich weiß das eine vom anderen zu trennen.“ Das meint auch der Bremer Bundeswehrsprecher Günter Menzel. Und ebenso scheint es beim Reservistenverband zuzugehen. Die Reps – kein Thema, sagt Willnow: „Wir bekennen uns zur Bundeswehr und zum Verteidigungsauftrag, das ist alles. Über Politik brauchen wir uns da nicht zu unterhalten.“
So ganz recht scheint es dem Rep-Sprecher aber nicht zu sein, daß sich die Presse für ihn interessiert. Auf Anfragen reagiert er eher irritiert. „Sie sind doch Pressesprecher der Republikaner?“ – „Ja, nein, wieso?“ Tarnen und täuschen: Nur relativ kurze Zeit war er festes Mitglied beim „Parlamentarischen Arbeitskreis“ der NPD und DVU, ehe er aus Angst um seinen Job in die zweite Reihe trat. Der Arbeitskreis war gegründet worden, nachdem 1987 der DVU-Abgeordnete Hans Altermann in die Bürgerschaft eingezogen war. Beim Arbeitskreis mit dabei waren damals unter anderen der mittlerweile verstorbene NPD-Chefdenker Karl-Heinz Vorsatz, Hans-Otto Weidenbach, heute für die DVU in der Bürgerschaft, und eben auch Reinhard Willnow.
„Daß es so einen Kreis gegeben hat, davon weiß ich gar nichts. Da war ich nicht“, sagt Willnow heute. Aber seine ehemaligen MitstreiterInnen erinnern sich noch gut an den schneidigen Willnow von der Truppe. „Der gehörte zum Freundeskreis von Weidenbach“, erinnert sich ein ehemaliges Mitglied des Zirkels. „Und machmal hat er auch Material von der Bundeswehr mitgebracht, das haben wir dann diskutiert. Auch darüber, wie man nationaldemokratisches Gedankengut in die Bundeswehr bringen könnte.“
Nach einigen Monaten teilte Hans-Otto Weidenbach mit, daß sich Willnow aus der offenen Arbeit zurückziehe, weil er sonst Schwierigkeiten bei der Bundeswehr zu erwarten habe. Willnow werde aber unter der Hand weiterarbeiten. Er, Weidenbach, werde die Texte und Anregungen Willnows in den Kreis tragen. An einer Aufgabe arbeitete Willnow sowieso weiter: Propaganda per Leserbriefe in die Zeitungen zu bringen, meist unter Pseudonym. „Und jetzt“, so ein ehemaliger Mitstreiter, „schreibt er sogar unter seinem eigenen Namen“, zum Beispiel als es nach einer abgeblasenen Rep-Veranstaltung im März zu Krawallen gekommen war.
Dabei nahmen es die rechten Kameraden bei ihrer Pressearbeit mit der Wahrheit nicht ganz so genau, wie aus einer Direktive Weidenbachs aus dem Jahr 1989 hervorgeht: Wenn schon die NPD keine öffentlichen Veranstaltungen zusammenbringe, dann müßten die eben erfunden werden. Weidenbach: „Die Angabe des Veranstaltungstermins wählen Sie einfach frei. Schließlich könnte ja ein ,Forum' an irgendeinem Tag in einem kleinen Kreis stattgefunden haben. Als Personen, die im Bericht erwähnt werden sollten, können Sie zum Beispiel jederzeit meinen Namen anführen.“
1989 – da war Willnow aber schon längst aus der Öffentlichkeit abgetaucht. Mit Erfolg. Die rechte Karriere war zwar einmal Thema in der Kaserne, aber dann war das Bedürfnis auf allen Seiten wohl doch ziemlich groß, die Angelegenheit nicht nur unter den Teppich zu kehren, sondern sie auch dort zu belassen. Der Konsens zwischen Willnow und der Truppe hieß Stillschweigen, bis jetzt die Nachfragen der taz offenbar ein wenig Staub aufgewirbelt haben. Willnow: „Sie sind doch der, der sich schon vor Ostern beim Presseoffizier erkundigt hat.“
Vor Ostern, da hatte Willnow seinen großen Auftritt noch vor sich, nicht als Republikaner, sondern als Vorsitzender der Bremer Reservisten. Am 7. April erschien nämlich ein Pressebericht über den Abschiedsbesuch des obersten Bremer Militärs, Oberst Ekkehard Löhr, beim Reservistenverband. Und ein Abschiedsgeschenk für den scheidenden Chef hatte Willnow auch bereit: ein Buch über die Geschichte der Weimarer Republik. Jochen Grabler
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