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Sächsischer Sonderweg

Nach der Schwarz-Grün-Debatte herrscht Ernüchterung / Motto: „Inhalte statt Farbspiele“  ■ Von Detlef Krell

Als „realpolitischsten Landesverband der neuen Bundesländer“ lobt Landessprecher Heiko Weigel die sächsischen Bündnisgrünen. Es begann mit einem Sonderweg: Sachsens Grüne hatten sich nicht, wie in den anderen neuen Ländern, den Westgrünen angeschlossen, sondern zunächst mit dem Neuen Forum vorsichtige Annäherung vereinbart. Im September 1991 wurde in Leipzig der Landesverband „Bündnis 90/ Die Grünen“ gegründet. Einen „bundesweiten Integrationsprozeß“ statt einer bloßen Addition von Grünen und Bürgerbewegung sollte es werden. „Der sächsische Weg hat sich bewährt“, stellt Landesgeschäftsführer Hubertus Grass mit Blick auf die Bundespartei und den mit 1.000 Mitgliedern stärksten Landesverband im Osten heute fest. Anders als etwa in Brandenburg ist es in Sachsen gelungen, Leute aus Ökoinitiativen und aus den Bürgerbewegungen zusammenzuhalten.

Mit 5,6 Prozent zogen Bündnis 90/ Grüne 1990 in den Landtag ein. Die Fraktion profilierte sich schnell, brachte Volksentscheid und Verbandsklage in die Verfassung ein, initiierte eine bildungspolitische Debatte, die das Schulmodell-Geplänkel der großen Parteien in den Schatten stellte, und verschaffte dem Ausländerbeauftragten ein bundesweit einzigartiges Initiativrecht.

Auf der Landesdelegiertenkonferenz im Januar bewarben sich 40 KandidatInnen um Listenplätze für die Landtagswahl. 850 KandidatInnen stellen sich zu den Kommunalwahlen in Leipzig, Zwickau und auch Dresden mit guten Chancen auf Bürgermeisterämter. „Realpolitisch“ und selbstbewußt will man in den Landtagswahlkampf starten, die absolute Mehrheit der CDU soll gebrochen werden. In den Umfragen liegen die Bündnisgrünen zwischen 13 und 15 Prozent.

Der Sachse Werner Schulz, parlamentarischer Geschäftsführer der Bundestagsgruppe, sah schon einen „schwarz-roten Klumpatsch“ am Horizont aufziehen und ließ die erstaunte Öffentlichkeit wissen, er „halte es für wünschenswert, daß in Deutschland das Schema fester Partnerschaftsbeziehungen durchbrochen wird“. Die Große Koalition solle verhindert werden, auch „indem wir ausloten, inwieweit es möglich ist, mit der CDU zu einer Landespolitik zu kommen“.

Da rollte die schwarz-grüne Lawine. „Es war eine notwendige und schmerzhafte Diskussion“, resümiert Hubertus Grass. Auf der einen Seite stand die verlockende Vision, etwas völlig Neues quer zu erstarrten Mustern durchzusetzen. Andererseits fiel es auch Befürwortern des Koalitionsnovums immer schwerer, Themen zu benennen, bei denen man sich Konsens mit der CDU vorstellen könnte.

Reformansätze der sächsischen CDU sind nach Ansicht von Kornelia Müller, Spitzenkandidatin für die Landtagswahlen, „mittlerweile in den Schubladen verschwunden“. Ein verfassungswidriges Polizeigesetz, die Autobahn A13, die höchste Frauenarbeitslosigkeit aller neuen Bundesländer, der Beschluß über die Verheizung von Heuersdorf, die Betonlinie in der Schulpolitik: Tatsachen, die für viele schwerer wiegen als die biographischen Ähnlichkeiten mit CDUlern wie Arnold Vaatz und Heinz Eggert.

Ausgeschlossen haben die Bündnisgrünen eine Koalition mit der CDU noch nicht. Doch mit den jetzt veröffentlichten 10 „Wendepunkten einer Reformpolitik für Sachsen“ ist der Preis für eine Koalition benannt worden. Mit der sächsischen SPD darüber zu verhandeln dürfte schwer genug werden. Und ob mit der CDU auf dieser Basis ein Minimalkonsens zu finden ist, darf bezweifelt werden. „Mit Bündnis 90/ Die Grünen wird es so ein Gesetz nicht geben“, gab Spitzenkandidatin Kornelia Müller der CDU-Fraktion zu verstehen, als diese ihr Polizeigesetz eisern durch das Parlament exerziert hatte. Mit diesem Gesetz sei „ein Teil unserer Hoffnungen begraben worden, die uns auch mit manchen Mitgliedern der CDU verbunden hat.“

Michael Merkel, OB-Kandidat in Dresden, hat in einem Brief an den sächsischen SPD-Spitzenkandidaten Karl-Heinz Kunckel die Schwarz-Grün-Diskussion inzwischen als „obsolet“ bezeichnet. Es gehe darum, die Regierung Biedenkopf abzulösen. „Eine Reformmehrheit“ von SPD und Bündnisgrünen in Sachsen sei „möglich und ein wichtiges Signal für eine Reformmehrheit in Bonn.“ In den Prognosen von 30 bis 35 Prozent für die SPD und etwa 13 für das Bündnis fehlen allerdings noch fünf Prozent für Rot- Grün. Und zudem geht der neue Wunschpartner SPD zusehends auf Schmusekurs zu Landesvater Biedenkopf.

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