Die große Sondermüll-Koalition

■ Schadstoffe aus Baden werden in Hamburg verbrannt / Ausstieg aus Schönberg?

Ein Müll-Geschäft mit vielen Siegern und - nach Einschätzung der Grünen - einem großen Nachteil: 30.000 Tonnen Sondermüll aus Baden sollen ab 1997 jährlich in der Sondermüllverbrennungsanlage in der Billbrooker Borsigstraße verbrannt werden. Einen entsprechenden Vertrag haben die landeseigene „Sonderabfallentsorgung Baden-Württemberg GmbH“ (SBW) und die private Abfallverwertungsgesellschaft mbH Hamburg (AVG) geschlossen.

Freude allerorten: In Stuttgart, wo CDU-Ministerpräsident Teufel die Vereinbarung gestern als „ökologisch und ökonomisch sinnvoll“ lobte und sein SPD-Umweltminister Harald Schäfer den „entscheidenden Durchbruch für die Sonderabfallentsorgung Baden-Württembergs“ feierte. Nicht ohne Grund: Konnten die beiden Koalitionäre doch zugleich verkünden, daß der umstrittene eigene Sondermüll-Ofen im badischen Kehl am Rhein nun nicht mehr gebaut werden muß.

Doppelter Jubel aber auch in Hamburg: Bei der AVG, deren technischer Leiter Helmut Wensing sich darüber freut, daß „die Auslastung der Anlage gewährleistet“ sei. Mindestens 36 Millionen Mark jährlich dürfte der Müll-Deal den Anteilseignern Veba (80 Prozent) und HEW (20 Prozent) bringen.

Und Jubel bei der Umweltbehörde, die darauf hofft, daß nun der „Verzicht auf Sondermüllieferungen auf die mecklenburgische Deponie Schönberg voraussichtlich bald möglich“ wird. Denn Baden-Württemberg hat sich im Gegenzug verpflichtet, alle bei der Sondermüllverbrennung in Hamburg entstehenden Reststoffe künftig in einem Salzstock bei Heilbronn zu deponieren. Derzeit werden jährlich rund 50.000 Tonnen der giftigen Verbrennungsreste aus Hamburg auf der Deponie Schönberg eingelagert.

Keinen Grund zur Freude sehen dagegen die Grünen. Deren Stuttgarter Fraktionschef Fritz Kuhn hält das Verbrennen des heimatlichen Sondermülls in Hamburg unter ökologischen Gesichtspunkten genausowenig für vertretbar wie seine Hamburger Parteifreunde die mit der geplanten Renovierung der Anlage in der Borsigstraße einhergehende Kapazitätserweiterung.

Daß der gestern veröffentlichte Vertrag trotz der noch anhängigen Widersprüche gegen die Erneuerung des Sondermüllofens auch in die Tat umgesetzt werden kann, davon scheint Hamburgs Umweltbehörde überzeugt zu sein. Am Montag erteilte sie die Vorabgenehmigung für den Umbau. Im Juni will die AVG mit der Renovierung der Anlage beginnen. uex