Kommentar: O Weckungseffekte!
■ Das Bremer Musicalwunder (S.23)
Was täten wir nur ohne unsere Wirtschaftsförderungsgesellschaft! Was täten wir mit den Abermillionen, die uns das künftige Musical einbringen wird, wenn sie das Geld nicht bereits vorsorglich ausgäbe! Die ersten 700.000 Mark sind schon weg und verplant allein für das Vorhaben, daß sich einer mal hinsetzt und ausrechnet, was es dann kosten wird, wenn es erst richtig kostet.
Gottlob schlägt praktisch zur selben Zeit die Stunde der Umsatzrekorde. 139 Millionen plus, Jahr für Jahr. Wie aber kommt man auf sowas? Das ist nicht schwer: Man nimmt eine Landkarte und einen Zirkel, schlägt drei weite Kreise um Bremen und weissagt, daß aus jedem dieser Ringe ein Drittel der Bevölkerung herbeieilen wird, macht 500.000 Gäste im Jahr. Der Rest ist soweit klar.
Warum aber machen's dann nicht alle so? Aber es machen ja auch bald alle so: Stuttgart steht parat, Hannover will auch, von Essen und Duisburg zu schweigen, Hamburg plant zwei neue, und dem letzten beißen die Hühner die Krone aus. Neinnein, sagt unverbrüchlich die Wirtschaftsförderungsgesellschaft, da müssen dann eben noch viel mehr Menschen ins Musical gehen. Und sie werden! Sie werden! Je mehr Musicals auf den Markt geworfen werden, desto immer noch mehr will dieser erst recht! Das glauben Sie nicht? Aber das ist doch der „Bedarfsweckungseffekt“, heißt es dann. Und so ein Wort kann man beim besten Willen nicht erfinden. Manfred Dworschak
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