: Strahlende Elbmarsch
■ Neue Hinweise auf erhöhte Radioaktivität bei Krümmel
Hannover Aus dem Atomkraftwerk Krümmel an der Elbe sind möglicherweise in den 80er Jahren doch mehrfach erhöhte Mengen an Radioaktivität ausgetreten. Zu diesem Ergebnis kommt die Bremer Physikerin Inge Schmitz-Feuerhake in einer bisher nicht veröffentlichten Studie zur Aufklärung einer ungewöhnlichen Häufung von Leukämieerkrankungen in der Elbmarsch. Die Strahlenbelastungen seien kurzzeitig so hoch gewesen, um Leukämie auslösen zu können, heißt es in der Studie, die dpa vorliegt. In der Umgebung des Atomkraftwerks Krümmel sind 1990 und 1991 sechs Kinder und ein Erwachsener an Blutkrebs erkrankt.
Die in der Fachwelt umstrittene Professorin führt erhöhte Strahlenwerte in Böden und Baumscheiben auf kurzlebige radioaktive Edelgase zurück, die schnell in andere radioaktive Zerfallsprodukte übergehen. Als Zeitpunkte für die von ihr angenommenen ungenehmigten Freisetzungen aus dem Kraftwerk nennt Schmitz-Feuerhake September 1983, im August 1984, September 1986 und Mai 1988.
Die Kontaminationen erfolgten der Untersuchung zufolge so kleinräumig, daß sie von den Stationen der Kerntechnischen Fernüberwachung (KFÜ) nicht zwingend registriert werden mußten. In einem Fall seien KFÜ-Stationen im Jahre 1984 auf dem Kraftwerksgelände wegen Störungen ausgefallen. Die erhöhten Strahlenwerte in den Böden könnten wegen ihrer lokalen Begrenzung nicht Folge anderer Belastungen, etwa durch das Unglück von Tschernobyl sein, meint Schmitz-Feuerhake.
Die Studie wird (am heutigen Montag) von den Fachkommissionen der Länder Schleswig-Holstein und Niedersachsen in einer gemeinsamen Sitzung in Hannover beraten und bewertet. Wie es im Vorfeld aus Kiel hieß, gebe es erhebliche Vorbehalte gegen die Schlußfolgerungen Schmitz-Feuerhakes. Die Wissenschaftlerin, die der niedersächsischen Kommission angehört, war bereits maßgeblich an den Untersuchungen der Erbanlagen von Kindern und Erwachsenen aus der Elbmarsch und einer Vergleichsregion bei Plön sowie der Analyse von Baumscheiben beteiligt. Beide Analysen ergaben jedoch keine eindeutigen Hinweise auf eine erhöhte Strahlenbelastung als Ursache für die hohe Leukämierate. dpa
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