Kommentar: Gezieltes Scheitern
■ Bildungspolitik als Spiel mit Bande
Warum freut sich Bildungssenator Henning Scherf, wenn dieser Tage gegen die Bildungspolitik demonstriert wird? Ganz einfach: Es sind Haushaltsberatungen. Nichts beeindruckt die Haushaltsexperten so sehr wie das Bild von der großen Demonstration auf dem Marktplatz, wenn sich da Wähler oder gar die Parteibasis unters Volk gemischt hat. Den Demonstranten ist das heimliche Bündnis bewußt: Die Proteste gegen die Bildungspolitik wenden sich nicht gegen den obersten Bildungspolitiker: So grell die Farben sind, in denen seine Politik gemalt wird - niemand fordert Scherfs Rücktritt.
Ein kompliziertes Spiel mit Bande in diesem Sinne ist auch die Katastrophe des „Gymnasiums Obervieland“. Die FDP hatte in den Koalitionsverhandlungen ein durchgängiges Gymnasium „links der Weser“ durchgesetzt, aber sie hatte nicht die Kraft, auch einen Standort durchzusetzen, an dem es zu einem Erfolg werden konnte. Der drohte am Standort Huckelriede - im Volksmund immer noch „Gymnasium“ genannt, wiewohl längst zum „Sek-II-Zentrum“ verkürzt. Die Bildungsbehörde wollte, wenn sie das Gymnasium schon nicht verhindern konnte, es wenigstens als Mißerfolg organisieren. Deshalb durfte kein tradierter Gymnasial-Standort gewählt werden, sondern es mußte ein Standort mit entgegengesetzer Schulkultur und entgegenstehendem Image sein. Alles sprach deshalb für Obervieland - damit das neue Gymnasium scheiitert.Klaus Wolschners
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