: Supermaschine für CERN
■ Streit um das 3-Milliarden-Projekt
Genf (dpa) – Die Entscheidung über einen neuen Superbeschleuniger für das Europäische Laboratorium für Teilchenphysik, CERN, in Genf, die Ende letzter Woche fallen sollte, ist vertagt worden. Wie das CERN mitteilte, haben sich alle 19 Mitgliedsländer für das Projekt ausgesprochen. Es konnte jedoch keine Einigung über die Verteilung der Kosten erzielt werden. Deutschland und Großbritannien erbaten mehr Zeit für die endgültige Entscheidung. Der CERN- Rat wird sich deshalb voraussichtlich nochmals im Juli mit dem Beschleuniger befassen.
Die neue Maschine soll es den Wissenschaftlern erlauben, tiefer als je zuvor in die Geheimnisse der Materie vorzudringen und damit mehr über die Entstehung der Welt zu erfahren. Die Kosten des Projekts werden auf rund 3 Milliarden Mark veranschlagt. Die „Supermaschine des 21. Jahrhunderts“ soll im Jahre 2002 fertig werden.
Physiker benutzen riesige Teilchenbeschleuniger, um die kleinsten Bausteine der Materie aufzuspüren. In der geplanten Anlage – von den Physikern als Large Hadron Collider (LHC) bezeichnet –, einem 27 Kilometer langen Ringtunnel unter Schweizer und französischem Gebiet, wollen die Wissenschaftler gewaltige Kollisionen von Winzlingen herbeiführen: Protonen, die positiv geladenen Bausteine von Atomkernen, sollen mit annähernder Lichtgeschwindigkeit im Ring kreisen und frontal aufeinanderprallen. Dabei würden neue Teilchen entstehen, die die Physiker mit hausgroßen Meßgeräten analysieren wollen.
Im US-Bundesstaat Texas ist aus Kostengründen ein ähnliches, aber achtmal teureres Projekt im vergangenen Jahr aus Geldmangel eingestellt worden, obwohl bereits über 3,5 Milliarden Mark verbaut worden waren. Der Superconducting Super Collider (SSC) sollte mit einem 85 Kilometer langen Ringtunnel alle Rekorde schlagen.
In Genf läßt sich der Beschleuniger wesentlich billiger machen, weil der Tunnel – der unter Schweizer und französischem Gebiet verläuft – bereits vorhanden ist. Für den LHC müssen nur noch ein neues Rohr und über tausend, jeweils 13 Meter lange supraleitende Hochleistungsmagneten installiert werden.
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