Lokalkoloratur

Nach neunjähriger Amtszeit als Hamburger Verfassungs- und Oberlandesgerichtspräsident ist Helmut Plambeck gestern offiziell verabschiedet worden. In Rückblick auf 38 Jahre Justiz-Erfahrung meinte Plambeck, daß sich das Rechtsbewußtsein stark verändert habe und die Grenzen zwischen Recht und Unrecht fließender geworden seien. Deshalb werde im Justizalltag zunehmend „Menschlichkeit und Augenmaß“ benötigt statt juristischen Handwerkszeugs. Daß einen veraltete Sichtweisen schnell einholen können, hatte Plambeck am eigenen Leib erfahren. So tauchte in der Auseinandersetzung um Frauengleichstellung und das große „I“ bei ReferendarInnen plötzlich seine Dissertation aus dem Jahre 1955 auf. Damals vertrat Plambeck die Auffassung, daß lesbische Liebe anders zu bewerten sei als männliches Schwulsein, weil die Frau in ihrer gesellschaftlichen Stellung dem Mann nicht gleichzusetzen sei: „Bei ihr sind daher voreheliche lesbische Handlungen häufig lediglich als harmlose und die allgemeine sittliche Ordnung nicht im geringstem gefährdende Ersatzhandlung anzusehen, die mit der Eheschließung normalerweise ihr Ende findet.“ Positiv wurde allerdings vom Jura-Nachwuchs Plambecks Engagement nach den Solinger Morden aufgenommen. Unter seiner Leitung verabschiedeten Oberlandesgerichts-Präsidium und Referendar-Personalrat einen gemeinsamen Aufruf gegen Rassismus und Ausländerfeindlichkeit. kva