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„Versöhnung läßt sich nicht verordnen“

■ Hans Koschnik über seine künftigen Aufgaben in Mostar: Bei 40 Grad Hitze gibt es kein Wasser, eine Rattenplage und die Gefahr von Seuchen

Seit sechs Wochen sitzt er auf gepackten Koffern und wartet darauf, daß er seinen Job anfangen kann: Hans Koschnik, SPD-Bundestagsabgeordneter aus Bremen und Ex-Bürgermeister der Hansestadt, der von der Europäischen Union (EU) als Administrator in die bosnische Stadt Mostar geschickt werden soll. Die Verzögerung ist dadurch entstanden, daß rechtliche Fragen im Zusammenhang mit der Entsendung Koschniks auf gesamteuropäischer Ebene geklärt werden müssen.

Koschnik erläuterte dies im Rahmen eines Gespräches mit Bauherren (Kirchenvorstehern) und Pastoren der Bremer Gemeinde Unser Lieben Frauen, der er selbst angehört, sowie Vertretern der Bremischen Evangelischen Kirche. Die Gemeinde habe, so ihr Pastor Jürgen Moroff, in diesem Gespräch klären wollen, ob und wie sie „ihr Gemeindemitglied Koschnik“ bei seiner besonderen Aufgabe unterstützen kann.

Nach Angaben Koschniks verschärfen sich die Probleme in Mostar täglich, weil in großen Teilen der Stadt weder Wasser noch Strom zur Verfügung stehen. „Bei 40 Grad Hitze ist Wasser zum Überleben genauso wichtig wie warme Mäntel bei Frost“, sagte er und wies auf die sich ausbreitende Rattenplage und die Gefahr von Seuchen hin. Koschnik will seine Arbeit in Mostar daher spätestens am 15. Juli aufnehmen, auch wenn bis dahin noch nicht alle juristischen Fragen geklärt sein sollten.

Nach der Versorgung mit Wasser und Strom sieht er es als vordringlich an, daß die Krankenhäuser der Stadt instandgesetzt werden und zumindest einige Schulen soweit wiederhergestellt und abgedichtet werden, daß sie geöffnet werden können und auch dem Winter standhalten. Außerdem habe er mit dem Technischen Hilfswerk der Bundesrepublik bereits die Lieferung von Baumaterialien vereinbart. Eine Art Bauhof soll allen Einwohnern Mostars Materialien zur Verfügung stellen, deren Wohnungen noch reparabel sind.

Auf politischer Ebene sieht Koschnik die Hauptaufgabe seines europäischen „Teams“ aus 45 Frauen und Männern sowie 200 Polizisten darin, die verfeindeten Stadtverwaltungen Mostars – eine im kroatischen, eine im moslemischen Teil – über konkrete Lösungen in Einzelfragen an einen Tisch zu bringen.

Die Förderung des „multikulturellen“ Elementes in der Stadt, in der Angehörige verschiedener Volks- und Religionsgemeinschaften leben, betrachtete Koschnik eher mit nüchternem Realismus. „Die Menschen sollen ruhig nebeneinander leben, aber sie sollen miteinander arbeiten und die Schule besuchen. Mehr ist nicht zu verlangen, denn Versöhnung kann nur von den Opfern ausgehen und ist nicht von außenstehenden Europäern zu verordnen“, meinte Koschnik. epd

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