: Kein Auto für Ausländer
■ Österreicher verdächtig / Versicherungen und Autovermietungen mit rassistischen Praktiken
Sie sind Österreicher und möchten in Deutschland ein Auto mieten? Kein Problem, möchte man annehmen, schließlich wurde kein Fall ruchbar, in dem etwa deutschen GlobetrotterInnen an irgendeinem Punkt dieser Welt ein Auto verwehrt worden wäre. Das ist doch selbstverständlich. Anders der polyglotte Österreicher. Der, zeigt ein Vorfall in Bremen, kann in Deutschland als Ausländer gelten und folglich Probleme bekommen.
Mitte Juni machte sich der Wiener Christian H. mit seinem Auto auf den Weg nach Bremen, um die hier lebende Freundin Elsbeth R. zu einer zehntägigen Reise nach Holland abzuholen. Doch die Fahrt ins Blaue endete noch vor der Ankunft in Bremen, Christian H. wurde in einen Unfall verwickelt. Da die Schuld eindeutig auf der Gegenseite lag, riet deren Versicherung Christian H., sich auf ihre Kosten ein Reisemobil zu leihen. Die Reisewilligen knieten sich ins Branchenbuch und stießen, „es ist ohnehin schwierig, so kurzfristig einen großen Wagen zu mieten“, nach mehreren Absagen auf die Autovermietung „Caravan-Brandl“.
Der angebotene Wagen entsprach den Vorstellungen der beiden, und so begleitete Elsbeth R. Geschäftsführer Brandl ins Büro, um die Formalitäten zu erledigen. Doch als sie Führerschein und Paß ihres Freundes vorlegte, habe Brandl abgewunken. Einen Vertrag könne er nur mit Elsbeth R. abschließen. Deren Einwand, daß wahrscheinlich nur die Kosten für ein von Christian H. geleastes Auto übernommen würden, konnte Brandl nicht umstimmen: Er vermiete nun mal aus versicherungstechnischen Gründen nicht an Ausländer.
„Das war alles ganz anders“, beteuert Brandl gegenüber der taz. Er habe die Vermietung an Christian H. abgelehnt, weil dieser keinen Paß bei sich gehabt habe. „Wer sich vernünftig ausweisen kann, kriegt auch ein Auto bei mir.“ Ganz sicher habe sie den Paß ihres Freundes vorgelegt, schwört Elsbeth R. und sagt über Brandl: „Der lügt.“ Wie immer, den Namen der Versicherung, mit der die Autovermietung zusammenarbeitet, will der Caravan-Brandl jedenfalls nicht nennen: „Sie können mich doch hier nicht ausfragen.“
Daß die Geschäftspraktiken von Versicherungen schon lange von ausländerfeindlichen, genauer, rassistischen Vorbehalten geprägt sind, belegt das 1983 vom Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen (BAV) veröffentlichte Rundschreiben R4/83, das die Versicherungsunternehmen mahnt, die „Diskriminierung von Ausländern“ zu unterlassen. Sechs Jahre später hat „das Schreiben nichts an Aktualität eingebüßt“, warnt die BAV und ruft die Branche zur „Vermeidung von Ungleichbehandlung“ auf. Offensichtlich mit wenig Erfolg, Insiderkreise berichten übereinstimmend von besonderen EDV-Programmen (“Türkenprogramme“) oder schwarzen Listen, an die sich die AußendienstmitarbeiterInnen halten, die nicht ihre Provision aufs Spiel setzen wollen. Derzeit wird besonders vor „Balkanländern“ gewarnt, schon weil das Bermudadreieck, das 1993 rund 150.000 Autos schluckte, vom Versichererverband HUK eindeutig im Osten verortet wird.
„Wir vermieten keine Autos an Leute aus dem Ostblock, schon gar nicht, wenn sie aus Jugoslawien oder Polen kommen“, antwortet ein Mitarbeiter von „Reisemobil Fritz“. Das Unternehmen mit dem guten deutschen Namen fürchtet, seine Wagenburg zu verlieren. Aus demselben Grund vermietet „PP & Mobile“ nicht an Türken, es sei denn, diese weisen einen deutschen Wohnsitz nach. So, referiert der PP-Mitarbeiter, verlangen es die Versicherungen.
Und wer verlangt etwas von den Versicherungen, setzt ihrer Willkür Grenzen? Seit dem 1.7. ist es für sie noch einfacher geworden, ihre Kunden nach Belieben auszusuchen. Bis dahin waren de jure immerhin Pflichtversicherer genötigt, alle Anfragenden unabhängig von ethnischen Zugehörigkeiten aufzunehmen und gleich zu betreuen. Doch mit der Gesetzesänderung wurden Versicherungsbedingungen und -prämien freigegeben. Die Folgen beschreibt ein Versicherungsvermittler: „Im Moment kommen zum Beispiel die KFZ-Pflichtversicherer noch ihrer Pflicht nach, und geben an alle Doppelkarten aus. Aber es ist schon jetzt abzusehen, daß die Preise für bestimmte Gruppen immens steigen werden.“
dah
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