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Plutonium-Mafia: Die Bombe tickt

■ Der Beweis ist erbracht: Waffenfähiges Plutonium wurde aus russischer Bombenfabrik geschmuggelt

Berlin (dpa/AP/taz) – Nun ist es amtlich: Auf dem Schwarzmarkt in Deutschland gibt es waffenfähiges Plutonium aus Rußland zu kaufen. Der Anfang Mai nur zufällig bei einem Geschäftsmann in Tengen entdeckte Behälter enthielt sechs Gramm superreinen Bombenstoff. „Wenn es gelingt, solches Material in kleinen Probemengen bei uns einzuschmuggeln, dann ist davon auszugehen, daß es auch mehr Material geben könnte, das irgendwo gebunkert wird“, schlußfolgerte Bernd Schmidbauer, Staatsminister im Kanzleramt. Tatsächlich soll es in den Ermittlungsakten laut Spiegel auch einen Hinweis geben, daß noch irgendwo 150 Kilogramm Plutonium versteckt sind. Der festgenommene Adolf Jäkle hatte die Beamten zum Flughafen Zürich-Kloten geschickt. Dort wurden sie aber nicht fündig.

Bundeskriminalamt, Bundesnachrichtendienst und die internationale Polizeibehörde Interpol versuchen, die Hintergründe des Schmuggels aufzudecken. Derweil sind die Politiker damit beschäftigt, die Dramatik der Situation zu benennen. „Wir haben es natürlich mit Mafia-Strukturen zu tun“, kommentierte Schmidbauer, in die möglicherweise auch staatliche Stellen eingebunden seien. Bundesumweltminister Klaus Töpfer verlangte: „Es müssen alle Maßnahmen getroffen werden, damit Nuklearsöldnern und mafiosen Organisationen, die für das vagabundierende nukleare Material verantwortlich sind, ein Riegel vorgeschoben wird.“ Aber wie? Bundeskanzler Helmut Kohl soll auf dem G-7-Gipfel in Neapel mit dem russischen Präsidenten Boris Jelzin darüber gesprochen haben.

Der Direktor von Euratom in Luxemburg, Wilhelm Gmelin, ist entsetzt: „Hier ist eine Grenze überschritten worden, die nie hätte überschritten werden dürfen.“ Er und seine Kollegen seien „in größter Aufregung“. Harald Müller von der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung sprach von einem Schock. Die „schlimmsten Befürchtungen“ hätten sich bewahrheitet.

Der in Untersuchungshaft sitzende Jäkle, in dessen Garage das Plutonium gefunden wurde, machte zur Herkunft des Stoffes bislang offenbar keine eindeutigen Angaben. Ein Schweizer Kaufmann, den er als Lieferanten benannte, soll alle Vorwürfe bestritten haben, heißt es in dem Nachrichtenmagazin. Die Staatsanwaltschaft verknüpfe derzeit 3.500 Datensätze aus dem Bestand des Kaufmanns, um möglicherweise auf die Spur der Mafia zu kommen. Der 52 Jahre alte gelernte Kfz- Meister sei mehrfach in der Sowjetunion gewesen und habe dort auch Kontakt zu Händlern gehabt.

Die deutschen Nachforschungen in Rußland werden von Beamten des Bundesnachrichtendienstes geführt. Danach wiesen die Schmuggelaktionen inzwischen einen Organisationsgrad auf, der auf größere Banden schließen lasse. Laut der BND-Expertise seien inzwischen von den Banden „einzelne hochrangige Personen aus Ministerien, Industrieunternehmen und Forschungsanlagen“ eingeschaltet worden. Seiten 6 und 10

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