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Protest gegen Feiern zum 20. Juli

■ Kreisauer-Initiative gegen Ausgrenzung von Kommunisten / „Antinationales Aktionsbündnis“ besetzte Berliner Gedenkstätte Deutscher Widerstand

Berlin (taz) – Debatten, Ausstellungen, Gedenkfeiern in allen Bundeswehrkasernen und in der Hinrichtungsstätte Plötzensee, eine national getönte zentrale Feier im sogenannten Bendler- Block morgen mit und von Helmut Kohl in Berlin; das ist der 20. Juli fünfzig Jahre danach. Zentraler Streitpunkt sind seit Wochen zwei Bilder von Walter Ulbricht und Wilhelm Pieck, die in der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin schon seit Jahren hängen. Ginge es nach dem Willen des Stauffenbergsohnes, dem CSU- Abgeordneten Franz Ludwig von Stauffenberg, müßten sie abgehängt werden. Inzwischen hat sich das Problem ausgeweitet, denn die Konservativen möchten prinzipiell Kommunisten, die „ein Unrechtssystem durch ein anderes ersetzen wollten“, aus der Ausstellung ausgrenzen.

Dagegen wandte sich gestern die Kreisau-Initiative in Berlin. „Das Handeln damals darf nicht an den Konflikten einer späteren Zeit gemessen werden“, heißt es in der von 13 Angehörigen von Widerstandskämpfern unterzeichneten Erklärung, darunter auch Freya von Moltke, Witwe des hingerichteten Begründers des „Kreisauer Kreises“. Das Erbe des Widerstands sei zu kostbar, als daß es im „politischen Tageskampf verschlissen werden dürfte“.

Die Initiative wendet sich deshalb gegen alle Versuche, an der Ausstellung alleine aus Opportunitätsgründen Änderungen vorzunehmen. Zu den Erstunterzeichnern gehören auch so unterschiedliche PolitikerInnen wie Hildegard Hamm-Brücher, Cornelia Schmalz-Jacobsen (beide FDP), Rainer Eppelmann, Hanna-Renate Laurien (beide CDU), Markus Meckel (SPD) und Wolfgang Ullmann und Gerd Poppe (beide Bündnis 90).

Fundamentaler auf die offiziellen Gedenkfeierlichkeiten zum 20. Juli reagierten gestern 15 Jugendliche eines bislang völlig unbekannten „antinationalen Aktionsbündnisses“. Als Besuchergruppe getarnt, drangen sie in die Ausstellungsräume ein, blockierten und verklebten die Türen. Aus den Fenstern ließen sie Transparente mit dem Slogan „Nie wieder Deutschland“ flattern. Die Attentäter des 20. Juli hätten sich mit den nationalen Zielen Hitlers identifiziert, argumentierten sie gegenüber dem Berliner Kultursenator Roloff-Momin und dem wissenschaftlichen Leiter der Ausstellung, Peter Steinbach. Mit den morgen beginnenden offiziellen Ehrungen würde die Bundesregierung an dieses nationale Denken anknüpfen. Die Hausherrn der Ausstellung riefen nicht die Polizei. Die Diskussion mit den Besetzern dauerte zu Redaktionsschluß noch an. Anita Kugler

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