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Flotter Step und schicke Stiefel

■ Humor light: Musical „Eating Raoul - Verschlingt Raoul“ im St. Pauli-Theater

Sie sind ja eine Augenweide, diese Spitzenunterhöschen, Peitschen und Lackstiefel, nett anzuschauen an schönen Körpern. Viel mehr Erbauliches hat das Musical Eating Raoul - Verschlingt Raoul im St.Pauli-Theater allerdings nicht zu bieten.

Mary und Paul Bland, ein amerikanisches Ehepaar und spießig wie nix gutes, träumen von einem eigenen Restaurant. „Klein und fein soll das Restaurant sein - weit von hier...“, singen die beiden und sparen, was das Zeug hält. Doch dann geht alles schief: Die Bank verweigert den Kredit, Paul verliert Job, Auto und Brieftasche.

Durch Zufall kommen die beiden auf eine Idee: Männer mit ausgefallenen sexuellen Phantasien lassen sich von der „Brutalen Berta“ – Mary hat in Lackleder ungefähr soviel Sex-Appeal wie Kermit, der Frosch – gegen gute Bezahlung eine Abreibung verpassen. Paul haut den Kunden mit der Bratpfanne eins über und nimmt ihnen die Kohle ab. Schließlich kommt der schöne Latino-Hengst Raoul ins Spiel, man macht gemeinsame Sache und Mary verknallt sich in - Raoul natürlich. Dieser wird am Ende verspeist, was sonst, und Paul und Mary führen ihr lustiges Spießerleben im Knast weiter.

Mehr als ein gequältes Lächeln ist der Inszenierung nicht abzugewinnen. An den Schauspielern liegt es nicht, daß Eating Raoul nur wie eine bessere Abiball-Vorstellung wirkt. Mit weniger platten Witzen á la Schenkelklopfer und mehr von den mitreißenden Tanz- und Step-Einlagen wären die St. Paulianer besser gefahren. Wenn aber die verklemmte Mary Bland am Hintern einer Leiche den Herzschlag prüft und sie eben jene Leiche dann auch noch im Kleiderschrank versteckt, kann von einem neuen „Kult-Musical“ wirklich nicht die Rede sein, wie das Programmheft großzügig verspricht. Gewiß, eine Frage des Geschmacks. Wer auf „Humor light“ steht, wird auch an Eating Raoul Gefallen finden.

Katharina Frier

bis 18. September, tägl. außer mo., 20 Uhr

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