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Teurer Airport soll geschlossen werden

Tempelhof macht jährlich 20 Millionen Mark Verlust / Geschäftsführer will Flughafen 1996 schließen / Lufthansa: „Wir haben nichts dagegen“ / Flughafen-Holding entscheidet am Jahresende  ■ Von Dirk Wildt

Bürgerinitiativen und Anwohner laufen seit Jahren gegen den Flughafen Tempelhof Sturm. Fluglärm und Kerosin-Geruch seien unerträglich, das Unfallrisiko mitten über einem Meer von Wohnhäusern nicht hinnehmbar. Sie fordern die Schließung – bislang vergeblich. Nun bekommen sie Verstärkung von jemandem, mit dem sie wohl zuletzt gerechnet hätten: Manfred Hölzel, Geschäftsführer der Berlin-Brandenburger Flughafen-Holding (BBF). Hölzel läßt derzeit untersuchen, wie Tempelhof am schnellsten geschlossen werden kann. „Bis Ende des Jahres wird dem Aufsichtsrat ein entsprechender Vorschlag vorgelegt“, sagte der Airport-Chef gestern der taz, „das Wachstum ist nicht mehr so wie zuvor.“ In Tempelhof sind die Flugbewegungen – täglich bis zu 130 Starts und Landungen – im Vergleich zum Vorjahr um sieben Prozent zurückgegangen, 20 Millionen Mark Verlust müssen ausgeglichen werden.

Die Holding, die neben Tempelhof den Westberliner Airport Tegel und den ehemaligen DDR- Flughafen Schönefeld bedient, erwirtschaftet nur in Tegel Gewinne – 7,6 Millionen Passagiere wurden dort im vergangenen Jahr abgefertigt. Und dieses Geld wird zu einem Großteil inzwischen durch die Verluste des innerstädtischen Flughafens aufgefressen, von dem nur 1,1 Millionen Fluggäste – überwiegend Geschäftsleute – abhoben. Schönefeld mit jährlich 1,6 Millionen Kunden arbeitet unrentabel, weil sich die seit Maueröffnung vorgenommenen Investitionen noch nicht amortisiert haben.

Daß in Tempelhof die Zahl der Fluggäste zurückgegangen ist, führt Geschäftsführer Hölzel auf die Konkurrenz des schnellen InterCity-Express der Bahn AG zurück. Eine Rivalität, die sich im Kurzstreckenverkehr noch verstärken werde. Bei insgesamt zehn Millionen Passagieren im Jahr leiste sich in der ganzen Welt keine Stadt den Luxus dreier Flughäfen, argumentiert der Airport-Manager. Auch für die Fluggesellschaften sei die Situation unbefriedigend und teuer, weil sie teilweise auf allen drei Rollfeldern Bodenpersonal vorhalten müßten und das Umsteigen für Kunden unübersichtlich und aufwendig sei.

Wann in Tempelhof die letzte Maschine startet, will Hölzel zwar nicht festlegen, doch einen Termin hat er längst in die Diskusion geworfen. Bei einer gemeinsamen Sitzung der Verkehrsausschüsse von Berlin und Brandenburg auf dem Flughafen Schönefeld im vergangenen Monat, erinnert sich der damalige Teilnehmer von Bündnis 90/ Die Grünen, Michael Cramer, habe der Holding-Geschäftsführer von 1996 gesprochen.

Die Airlines braucht Hölzel wenigstens nicht zu fürchten. Die Lufthansa begrüßte gestern auf Anfrage eine schnelle Schließung des City-Airports: „Wir haben nichts dagegen“, sagte Pressesprecher Wolfgang Weber. Sein Unternehmen wolle dann den Linienverkehr aber nach Tegel verlagern können. Um die dortigen Kapazitäten nicht zu sprengen, schlug er vor, laute Maschinen künftig nur noch von Schönefeld starten zu lassen. Cramer von den Grünen setzte sich dafür ein, Tegel zum innerdeutschen und Schönefeld zum internationalen Flughafen zu machen. Ersteren würden etwa sechs Millionen, letzteren vier Millionen Passagiere frequentieren.

Die Flughafen-Holding, zusammengesetzt aus den drei Gesellschaftern Bundesregierung sowie den Ländern Berlin und Brandenburg, dürfte jedenfalls um jeden Sparvorschlag froh sein. Weil sich die BBF beim Grundstücksankauf in Schönefeld verspekuliert hat, droht ein Defizit von einer halben Milliarde Mark und ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß. Und woher die 20 Milliarden Mark für den geplanten Großflughafen südlich von Berlin kommen sollen, weiß auch niemand. Letzte Woche haben die Gesellschafter deshalb einen sogenannten Lenkungsausschuß gegründet, der Geldgeber suchen soll.

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