: Kniefall
■ betr.: Wahlplakat, taz vom 15.8.94, LeserInnenbriefe dazu, taz vom 17.8.94
Mit dem Recht eines über zehnjährigen taz-Abonnements und als taz-Genosse verlange ich die Weiterführung der Wahlplakatserie. Außerdem schlage ich vor, der titanic Vorzugspreise für Anzeigen zu bieten, die sie in der taz schaltet. Und hinterher immer – quasi als Dessert – bitte massenhaft Abdruck der Briefe empörter Leserinnen und Leser. So läßt sich vielleicht der Unterhaltungswert der etwas dröge gewordenen taz wieder auf ein Niveau wie zu seligen Zeiten von Dr. Seltsam oder W. Droste steigern. Sollten meine Vorstellungen kein Gehör finden, kündige ich trotzdem nicht. Stephan Tietz, Hannover
Wann immer ein Artikel von Henryk M. Broder erscheint oder sich die taz intellektuell oder fototechnisch (siehe Newton) weit aus dem Fenster lehnt, machen wir uns auf eine nächste äußerst spannende und belustigende taz-Woche gefaßt, denn die Reaktion folgt prompt: Ein erboster Ansturm wütender Linker, die offenbar alles, was auf Papier gedruckt ist, für bare Münze nehmen und Dutzende von Leserbriefen schreiben, gespickt mit Drohungen, das Abo zu kündigen, und der düsteren Beschwörung, wie rechts bzw. faschistisch die taz doch schon sei.
Uns bleiben nur drei mögliche Erklärungen für diese Reaktionen: Offenbar wollen so einige LeserInnen in ihrer Zeitung nur Nachrichten und Artikel lesen, bei denen sie sich zurücklehnen können und sagen: „Siehste, was bin ich doch für ein toller, linker, verständnisvoller Mensch.“ (Deshalb fühlen sie sich nicht angesprochen, wenn nur über Scharping steht, daß er einen Kniefall schafft, und nicht über jedE einzelne LeserIn auch). Oder die LeserInnen wissen nicht, was Satire ist, oder Ihr habt das humorloseste Publikum nach der Welt am Sonntag. Ulrike Sals, Martin Przybilski,
Paderborn
[...] Da kniete sich einmal ein deutscher Politiker öffentlich hin, ohne viele schwere Worte, benutzte seine Buxe mal nicht nur am Hosenboden, saß nicht nur aus und ab, kam weder zu früh noch zu spät, und war er nicht „ain Börliner“ sogar? [...] Auch wenn ich damals erst ein Bub von vier Jahren war, so ist er für mich nach wie vor Vorbild.
[...] Wären Kniefälle à la Willy Brandt allmonatlich oder nur alljährlich, dann wäre auch diese Form der Satire für mich verständlicher. Ich merke, wie gerade diese Fotomontage, dieses Wahlplakatplagiat meine Toleranz fordert, zwischen „genial“ und „übergeschnappt“; so komme ich zu dem intellektuellen Ergebnis: Hättet Ihr ja ruhig mal weitermachen können, denn in Anbetracht des Ansprechfaktors war es 1a! – Wie wär's mit einem Bruderkuß Scharpings und Gysis? (Wer wen umklammert hält, ist wohl selbstverständlich!)
Also doch alles nur Geschmackssache? Naja, und ich frage mich, hätte ich es nicht ganz toll gefunden, wäre ein Unionskopf dort montiert gewesen...?
So lernt man sich kennen. Konstantin Kampitsis, Werl
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