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Die „Dame aus Pakistan“ sagt ab

Benazir Bhutto storniert einen Besuch im Gaza-Streifen, weil sie in Jerusalem eine Genehmigung beantragen soll / Israel erhoffte sich diplomatische Anerkennung durch Pakistan  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Pakistans Regierungschefin Benazir Bhutto ist auf ihren israelischen Amtskollegen Jitzhak Rabin derzeit nicht gut zu sprechen. Ihm hat sie es zu verdanken, daß ihre geplante Reise in den Gaza-Streifen geplatzt ist. Die für den 4. September vorgesehene Visite wäre der erste Besuch einer fremden Ministerpräsidentin in den von Palästinensern selbstverwalteten Teilen des Gaza-Streifens gewesen. Doch gestern ließ Bhutto die Reise absagen. Die Schuldigen, so die pakistanischen Behörden, säßen in Jerusalem.

Bhuttos Vorhaben scheiterte, weil die israelische Regierung darauf bestand, daß sie ihren Besuch bei israelischen Behörden beantragt. In Jerusalem argumentiert man, die Maßnahme sei nötig, weil die palästinensische Selbstverwaltung laut dem Gaza-Jericho-Abkommen keine außenpolitischen Befugnisse hat. Offiziell hat Israel immer noch die Hoheit über das Gebiet. Bhutto und die palästinensische Selbstverwaltung halten dagegen, daß die palästinensischen Stellen die Israelis ordnungsgemäß von dem anstehenden Besuch unterrichtet hätten. Die pakistanische Regierungschefin wollte über Ägypten in den Gaza-Streifen reisen, hätte also kein israelisches Territorium betreten.

Die israelische Regierung erhoffte sich durch ihre Forderung offensichtlich eine Art diplomatische Anerkennung durch das islamische Pakistan. Seit der Unterzeichnung des Gaza-Jericho-Abkommens vor fast einem Jahr versucht die israelische Regierung arabische und islamische Staaten dazu zu bewegen, ihre Beziehungen zu Israel zu normalisieren. Bhutto machte jedoch deutlich, daß sie lediglich einer Einladung des Chefs der palästinensischen Selbstverwaltung, Jassir Arafat, folgen und keine israelischen Vertreter treffen wollte.

Im Zorn darüber ließ sich Rabin am Montag zu der Äußerung hinreißen: „Der Dame aus Pakistan sollte man Lektionen in gutem Benehmen geben.“ Bhutto könne nicht einfach erklären, „daß sie nach Gaza kommt, aber nicht beabsichtigt, mit einem Israeli zusammenzukommen“. Alle ausländischen Diplomaten und amtlichen Gäste, die in die Autonomiegebiete reisen, hätten dies zuvor mit den israelischen Behörden zu koordinieren.

Pakistanische Beamte sagten daraufhin gestern, angesichts der von Israel errichteten Hindernisse könne der Besuch nicht stattfinden. Der pakistanische Botschafter in Ägypten, Mansur Alam, hatte zuvor erklärt, Bhutto würde die Reise nicht antreteten, wenn damit Untersuchungen durch die an der Grenze zwischen dem Gaza-Streifen und Ägypten stationierten israelischen Soldaten verbunden seien. Am Sonntag war der pakistanische Botschafter in Tunesien, der auch bei der palästinensischen Selbstverwaltung akkreditiert ist, von israelischen Grenzposten an dem Übergang Rafah zurückgewiesen worden.

Der pakistanische Botschafter in Kairo äußerte sich gestern erstaunt über das Verhalten der Israelis. Bhuttos Besuch habe schließlich Unterstützung für die israelisch-palästinensischen Abkommen demonstrieren sollen, erklärte er. Pakistan werde Israel erst anerkennen und diplomatische Beziehungen aufnehmen, wenn es zu weiteren Fortschritten in dem Nahost-Friedensprozeß komme.

Im israelischen Außenministerium war man über Rabins brüske Art nicht besonders glücklich. Außenminister Schimon Peres und andere Regierungsmitglieder kritisierten, der Besuch wäre in Israels Interesse gewesen. Gerade im Zusammenhang mit jüngsten Berichten von der Bewaffnung Pakistans mit Nuklearwaffen sei Israel besonders interessiert, die bereits vorhandenen Beziehungen zu Indien auf Pakistan auszudehnen.

Israels Kulturministerin Schulamit Aloni bemängelte den „besonderen israelischen Stil Frauen gegenüber“, der in Rabins Bemerkungen zum Ausdruck gekommen sei. Überhaupt zeige die israelische Regierung wenig Sensibilität für die Gefühle anderer. Mit Hinweis auf die Palästinenser bemängelte Aloni, Israel verlange „Biegsamkeit und noch mehr Unterwerfung von den von uns Gedemütigten“. Bhuttos Besuch hätte keine Gefahr für Israels Sicherheit dargestellt und daher bewilligt werden sollen.

Jassir Arafat beklagte sich in seiner derzeitigen Residenz im Gaza-Streifen vor in Israel akkreditierten Diplomaten über die Angelegenheit. Die Behandlung Bhuttos durch die israelische Regierung sei ein „Vertragsbruch, der in allen arabischen Staaten und bei allen Muslimen starken Widerhall“ auslösen werde. „Dieses Land ist palästinensisch, und niemand kann uns vorschreiben, wer zu uns kommen kann und wer nicht.“

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