piwik no script img

Hafenkrankenhaus droht die Schließung

■ Zuviele Mittellose behandelt? / Versorgung von sozial Schwachen gefährdet

Das traditionsreiche Hafenkrankenhaus soll nach dem Willen des Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) liquidiert und ab 1. Januar 1995 dem AK Altona angegliedert werden. Begründung: Kostenminimierung. Die Leitung der Klinik ist nach Angaben der Gewerkschaft ÖTV bereits aufgefordert worden, „sich für Abordnungen bereitzuhalten“. Der Personalratsvorsitzende Ralf-Peter Krause kündigte gegenüber der taz „massiven Widerstand“ an.

Eigentlich ist die 200-Betten-Klinik am Zirkusweg mit ihren 100 ÄrztInnen, Schwestern und Pflegern ein durchaus rentables Krankenhaus. 18.000 PatientInnen wurden im vorigen Jahr versorgt, davon 15.000 Notfälle und 1700 Hafenunfälle. Mit ihrer Notfallambulanz ist die Klinik ein wichtiger medizinischer Versorgungsfaktor für Neustadt-St. Pauli. Krause: „Wir haben natürlich viele mittellose und benachteiligte Patienten, die behandelt werden, teilweise mit Hochleistungsmedizin, die aber nicht sozial abgesichert sind.“ Folge: Nicht immer erhält das Hafenkrankenhaus für seine Leistungen auch Geld. Umfang der Ausfälle: Eine Million Mark pro Jahr.

Für den Personalrat ist eine Angliederung an das AK Altona eine glatte Fehlkalkulation: „Die Verluste bleiben die gleichen“, so Krause. Und auch der Bonbon des LBK, ein „Rumpfkrankenhaus“ mit Notfallambulanz am Zirkusweg zu belassen, sei Quatsch: „Das ist ja gerade der Bereich, der Verluste bringt.“ Denn für einen Patienten, der in die Zentralambulanz zum Ausnüchtern gebracht wird, zahlt die Gesundheitsbehörde 680 Mark; wenn er ins Hafenkrankenhaus kommt, weil er verletzt ist, werden nur 70 Mark berappt – obwohl die gleichen Leistungen erbracht werden.

Nach Auffassung des Personalrats ist nun die Politik gefordert: „Der Senat muß erklären, ob er eine Notfallversorgung von Mittellosen möchte oder ob man künftig an ihnen vorbeifährt.“ Für den Stadtteil würde die Schließung des Hafenkrankenhauses eine medizinische Unterversorgung bedeuten. Und auch bei Schiffsunfällen gäbe es keine spezielle Klinik mehr.

Die Hamburger Gesundheitsbehörde erklärte gestern, es gebe keinen Beschluß zur Schließung des Hafenkrankenhauses. Die Geschäftsführung des LBK räumte hingegen ein, daß zur Zeit „geprüft wird, ob die künftigen Erträge der Klinik ausreichend“ seien.

Das Personal, das auch um die Arbeitsplätze fürchtet, setzt auf Mobilisierung. Schon 1976 konnten eine drohende Schließung durch Proteste der Bevölkerung verhindert werden. Der Personalrat hat zudem ein Gegenkonzept vorgelegt. Krause: „Das Angebot muß erweitert werden und das Hafenkrankenhaus zu einem Gesundheits- und Sozial-Zentrum ausgebaut werden“.

Kai von Appen

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen