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■ Der Rote Faden dehnt sichImmer mehr Werbung

Auf den ersten Blick haben Frankreichs FernsehzuschauerInnen die Qual der Wahl: Sie können zwischen 13 privaten und drei – ab November sogar vier – öffentlichen Sendern wählen. Sechs der Privatsender, allesamt themenspezifisch ausgerichtet, sind jedoch nur per Abonnement mit Decoder zu empfangen: ein teures Vergnügen, das einem kleinen Kreis von ZuschauerInnen vorbehalten bleibt. Drei weitere Sender kommen durch Kabelanschluß oder Parabolantenne ins Haus und versorgen den ZuschauerInnen mit Serien und Sport.

Es bleiben vier, die mit normaler Antenne empfangen werden können. Normales Fernsehen für normale ZuschauerInnen? Keineswegs. Programmgestaltung und Redaktion sind nicht interessenunabhängig, der eingegangene Berlusconi-Sender La Cinq ist ein Paradebeispiel dafür. Pressekraken und Werbesponsoren bestimmen den Inhalt und die Form der Programme – Vorrang hat immer die Einschaltquote. Manche Sender haben für Nachrichten schlappe fünf Minuten abgezweigt, andere – wie der 1987 privatisierte TF 1 – driften immer weiter nach rechts. Die Sendungen werden von einem Journalisten moderiert, der in einen rechten Finanzskandal verwickelt ist.

Zwar halten alle Privatsender die von der Kontrollkommission vorgeschriebene Mindestzahl von französischen Produktionen ein, doch meist beschränkt sich das auf mieserable Billigprogramme oder Wiederholungen. Die Werbung ist der rote Faden, der sich durch alle Sendungen zieht. Die ZuschauerInnen sollen aber nicht nur Bilder konsumieren: Einkaufen per Fernsehen heißt die Parole. „Teleachat“ ist bei RTL so beliebt, daß die Sendung gleich mehrmals täglich ausgestrahlt wird. Und wenn man sich beim Fernsehen schon nicht bildet, so kann man wenigstens ein Vermögen bilden: Bei „La roue de la fortune“, „Millionaire“ und „Les millions en direct“ kann angeblich jeder Millionär werden.

Erst nach Mitternacht spielt der Audimat – die Einschaltquote – keine große Rolle mehr. Dann werden die kulturellen Leckerbissen serviert – wenn die meisten Menschen längst im Bett liegen.

Und die öffentlichen Fernsehanstalten? Sie erheben den Anspruch, besser als die milliardenschwere Konkurrenz zu sein. Den Beweis bleiben sie jedoch schuldig, weil die Einnahmen aus Gebühren, Verkauf von Eigenproduktionen und Werbung nicht die dafür erforderlichen Summen einbringt. Eine Gebührenerhöhung vor den Wahlen wäre politisch unklug – bleiben also längere Werbezeiten – und genervte ZuschauerInnen. Francine Boutemain, Epinal

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