Skandale und kein Ende

■ Ex-“16E“-Chef soll als Einsatzleiter in St. Georg Hatzen auf Ausländer veranstaltet haben Von Kai von Appen

Der Hamburger Polizeiskandal nimmt immer größere Dimensionen an: Gegenüber der NDR-Hamburg-Welle hat gestern ein Beamter Kollegen des Reviers Kirchenallee vorgeworfen, regelrechte „Hetzjagden“ auf Ausländer veranstaltet zu haben. Auf Anweisung des Reviereinsatzleiters, bei dem es sich nach gesicherten taz-Informationen um den Ex-Chef der berüchtigten „16E“-Schicht Christoph Stapmanns handelt, sollen im Morgengrauen wahllos Ausländer „wie eine Herde Vieh“ auf dem Hansaplatz zusammengetrieben worden sein. Der Polizist: „Die Motivation des Einsatzleiters ist, daß er ziemliche Ressentiments gegen Ausländer hat, teilweise bis in den Rassismus hinein.“

Nach den Angaben des Mannes soll Stapmanns „ohne Abstimmung mit der Polizeiführung“ und „unangemeldet in eigener Regie“ das „Fischen mit ganz großem Treibnetz“ – wie Insider die Maßnahme nennen – angeordnet haben. Sieben bis acht Beamte seien dann in Streifenwagen losgefahren, um „Ausländer und Bimbos“ „auf Trab zu halten und zu verunsichern.“ Auch wenn die Kontrollierten sich durch gültige Papiere ausweisen konnten, seien sie ausnahmslos zur Wache gebracht und durchsucht worden. Derartige Maßnahmen seien ein regelrechtes „Hobby“ Stapmanns' gewesen. An gezielten Razzien oder Verfolgung von Dealern nach vorheriger Observation hätten die Beamten – im Gegensatz zu den FahnderInnen der „Koordinierungsgruppe Rauschgift“ („Kora“) – kein Interesse gehabt. Polizeisprecher Werner Jantosch: „Wenn diese Maßnahmen mit ausländerfeindlichem Hintergrund erfolgt sind, verurteilen wir das Verhalten.“ Die polizeiinterne Ermittlungsgruppe und die Staatsanwaltschaft seien eingeschaltet worden.

Derartige ausländerfeindliche Maßnahmen gingen allerdings nicht allein von Stapmanns aus. 1991 wurden nach taz-Informationen junge Bereitschaftspolizisten, die zu einem Schwerpunkteinsatz für die „Kora“ abkommandiert worden waren, von einem Kirchenallee-Einsatzleiter mit den Worten eingewiesen: „Alle Neger werden eingesackt, am Revier wird dann sortiert. Irgendetwas haben die immer auf dem Kerbholz.“ Als Polizisten dagegen protestiertem, mußte damals Direktion-Mitte-Chef Richard Peters in die Kirchallee eilen, um die Wogen zu glätten.

Christoph Stapmanns ist kein unbeschriebenes Blatt: Ende der achtziger Jahre leitete er die „16E-Schicht“ im Revier Lerchenstraße. Er versuchte damals immer wieder, durch eigenmächtige Einsätze die angespannte Lage in der (damals noch besetzten) Roten Flora und den Hausprojekten (Schanzenstraße, Laeiszstraße) eskalieren zu lassen. Silvester 1989 schlugen Stapmanns und sein E-Trupp den Wissenschaftler Jörg Mehnert zusammen – die Stadt zahlte Schmerzengeld. Silvester 1990 war der Zug in eine Randale in der Bernhard-Nocht-Straße verwickelt, bei der aus einem Streifenwagen eine MP verschwand. Am Neujahrsmorgen will der „16E“-Trupp in einem Hafenstraßen-Bauwagen ein verkohltes MP-Magazin gefunden haben, worauf Stapmanns zum Sturm auf die Häuserzeile blasen wollte, jedoch zurückgepifffen wurde. In derselben Nacht verprügelten „16-E“ler den Hafenstraßenanwalt Jens Waßmann – die Stadt zahlte Schmerzensgeld, das Verfahren gegen ihn wurde eingestellt.

1990 wurde Stapmanns offiziell strafversetzt – und ging, aus der Schußlinie genommen, in seinem neuen Revier 11 an der Kirchenallee offenbar weiter seinen „Hobbys“ nach.