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■ „Tolleranzen“ zeigen schwule Comic-Szenen von Ralf König

Comic von Ralf König Foto: Carlsen-Comics

„Schlabber-sabber-su!“ tönt der Soundtrack. Ein schmächtiger Jüngling betritt die Bühne und beginnt sich zögernd zu entkleiden. Beim zweiten Hemdknopf gewinnt das Schamgefühl die Oberhand, und der Ephebe entflieht. Zum Glück kehrt er wieder. Pünktlich zum Kinostart von „Der bewegte Mann“ zeigt die Frankfurter Gruppe „Tolleranzen“ unter der Regie von Markus Baumhaus 22 Szenen aus Ralf Königs Comics. Die Werbung hat den Boom der Knollennasen nicht verschlafen: Vor dem Eingang zum Kinosaal der Ufa-Fabrik verteilt eine junge Dame die Sport-Plörre „Red Bull“ als Anspielung auf Bullenspray im Film.

„Prall aus dem Leben“ erzählt keine zusammenhängende Geschichte, sondern gibt einen Einblick in Königs Pandämonium aus schwulen Eitelkeiten, Freuden und Nöten. In der Regel reichen dafür vier Schauspieler, nur für die erste große Tuntentratsch-Szene muß noch ein Zuschauer rekrutiert werden, der die Rolle des Bäckereifachverkäufers gewandt vom Blatt liest: „Dann gehen Sie doch zum Heterobäcker, Sie blöde Schnepfe!“ Freilich sind nicht alle Comics bühnenwirksam, weil ihnen zugkräftige Pointen fehlen. Dazu kommen einige schauspielerische Schwächen. Und so ist die erste Hälfte des Programms, so dynamisch die Akteure auch die Garderobenvorhänge im Bühnenhintergrund auf- und zuziehen mögen, eine eher laue Schau. Ein Lichtblick ist das erotische Ballett mit Tellern und Spültüchern, das die Tolleranzen aus einer einzigen Sprechblase entwickelt haben: Der Sex sei ungefähr wie Geschirrspülen gewesen.

Nach der Pause aber werden die müden Männer munter. Im Chor umbalzen sie einzelne Zuschauer: „Oh, du hast Haare auf der Brust! Wenn ich dein Profil sehe, könnte ich ausrasten!“ Weiter geht's mit dem Outing eines hessischen Opas, einer blutigen Familientragödie und einem höchst blasphemischen Auszug nach Ägypten. Und mit Siggi Suggemeier, dem unglücklichen Helden, der mit einer Banane im Darm den peinlichen Gang in die Arztpraxis antreten muß. Was die schwulen Freunde, Schwester Monika und die Zuschauer dazu sagen, ist nicht hilfsbereit, aber treffend: „Prust! Gacker! Kreisch!“ Miriam Hoffmeyer

Bis 30. Oktober dienstags bis sonntags um 21 Uhr im Kinosaal der Ufa-Fabrik, Viktoriastraße 13–18, Tempelhof.

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