: WestLB stochert im Plastikmüll
Kartellamt zwingt Entsorger, sich aus der Kunststoff-Recyclinggesellschaft DKR zurückzuziehen / Dennoch bleibt ihr Einfluß erheblich / Bankenkonsortium übernimmt 25 Prozent ■ Von Annette Jensen
Berlin (taz) – Das Kartellamt hat ein Monopol aufgeweicht. Die Dekur Kunststoffrecycling GmbH (DKR), die fürs Sammeln, Sortieren und Verwerten von grünbepunktetem Plastikmüll zuständig ist, wird künftig nicht mehr von den Entsorgern beherrscht. Bis zum letzten Samstag hatten die Wettbewerbshüter der Firma Zeit gegeben, sich eine neue Gesellschafterstruktur zu geben. „Ansonsten hätten wir die Auflösung der DKR angeordnet“, so Amtssprecher Jürgen Kiecker. Zwar hatte die Behörde in Berlin bis gestern noch keine Nachricht. Das aber sei wohl ein Postproblem, meinte Gunnar Sohn von der Duales System Deutschland GmbH (DSD), die den grünen Punkt und die gelbe Tonne erfunden hat. Am Freitag nachmittag seien sich alle Beteiligten einig geworden.
Demnach wird die DSD künftig 49,6 statt bisher 25 Prozent der DKR-Anteile halten. Ein Bankenkonsortium, bestehend aus Westdeutscher Landesbank, der Sal. Oppenheim, der Westdeutschen Genossenschaftszentralbank und der Bayrischen Landesbank, übernimmt 25,2 Prozent. Den Rest behalten Plastikhersteller und -verwerter. Bisher waren die Entsorger zur Hälfte an der DKR beteiligt. „Anbieter und Nachfrager waren also in einer Hand“, kritisiert Kiecker. Die DKR sei ein „Selbstbedienungsladen“ insbesondere von RWE und VEW gewesen. Die beiden Stromkonzerne, die sich in den letzten Jahren auch zu Marktführern in punkto Müll gemausert haben, verdienen vor allem mit ihren ökonomisch und ökologisch fragwürdigen Plastikrecyclingverfahren viel Geld. Die Zeche dafür zahlen die VerbraucherInnen über den grünen Punkt.
Zwar können sich die großen Entsorger in Zukunft nicht mehr so ungeniert selbst Aufträge geben wie bisher. Ihr Einfluß aber bleibt erheblich. Auf immerhin einem Viertel der Aufsichtsratssessel der DSD, der jetzt größten DKR-Anteilseignerin, sitzen nämlich seit der existentiellen Finanzkrise im letzten Herbst Vertreter der Müllbranche. Und auch die WestLB ist den beiden nordrhein-westfälischen Energieriesen sehr zugetan. An der VEW ist die Bank, eine Anstalt des öffentlichen Rechts unter Aufsicht des Finanzministers in Düsseldorf, mit über 10 Prozent unmittelbar beteiligt. Und mehrere Namen von öffentlichen Eigentümern tauchen sowohl in den Büchern von WestLB als auch der Stromkonzerne auf.
DSD-Sprecher Sohn behauptete gestern, die WestLB sei ein gleichberechtigter Partner des an der DKR beteiligten Bankenkonsortiums. Das scheint das in Düsseldorf ansässige Geldinstitut allerdings anders zu sehen. „Wir haben noch nichts unterschrieben und verhandeln noch“, sagte ein Sprecher. Die WestLB würde am liebsten den 25-Prozent-Anteil ganz allein übernehmen und die anderen Beteiligten lediglich als Feigenblatt benutzen. Die Wettbewerbshüter in Berlin haben angekündigt, daß sie die neue DKR- Struktur innerhalb von ein paar Tagen überprüfen wollen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen