: Israel sperrt Palästinenser aus
■ Nach dem Busanschlag in Tel Aviv wurden der Gaza-Streifen und die Westbank auf unbestimmte Zeit abgeriegelt / Videokassette des angeblichen Attentäters
Tel Aviv (taz) – Einen Tag nach dem Anschlag in Tel Aviv, der 22 Tote forderte, ist die israelische Regierung gestern zu Beratungen über den von Ministerpräsident Jitzhak Rabin angekündigten Kampf gegen die radikale palästinensische Hamas-Bewegung zusammengetreten.
Einzelheiten über Beschlüsse wurden zunächst nicht veröffentlicht. Bekannt wurde jedoch, daß die „strategische Abriegelung“ des besetzten Westufers und des von Palästinensern selbstverwalteten Gaza-Streifens einstweilen auf unbegrenzte Zeit aufrechterhalten werden soll.
Nach dem Anschlag hatte Rabin in einer Radio- und Fernsehansprache erklärt, daß er – womöglich mit Sondervollmachten ausgestattet – entschieden härter als bisher gegen islamistische Extremisten vorgehen will, weil sie, wie er sagte, Israels Vernichtung anstreben. Rabin erwartet auch von PLO-Führer Jassir Arafat, daß er mit größerer Entschlossenheit gegen die „militärische Hamas“ im Gaza-Streifen einschreitet.
Halbamtlich wurde in Tel Aviv bekanntgegeben, daß unter anderem folgende Maßnahmen gegen Hamas in Betracht gezogen werden: Militäraktionen gegen Hochburgen der Hamas-Bewegung und Suche nach den Hamas-Führern im Gaza-Streifen und am Westufer, inklusive Ostjerusalem. Hervorgehoben wird, daß die Abkommen zwischen Israel und der PLO ein operatives militärisches Eingreifen der israelischen Sicherheitskräfte im Gebiet der Autonomie in Gazastreifen unter gewissen Umständen gestatten. Außerdem sind Massenverhaftungen und administrative Gefangenschaft von Hamas-Leuten vorgesehen. Die Razzia soll mit der Zerstörung von Häusern einhergehen, in der Familien der von den Sicherheitsorganen gesuchten Hamas-Kader wohnen.
Eine Videokassette mit Aufnahmen des angeblichen Attentäters namens Saleh Abdel Karim Alsuri aus Kalkilya in der besetzten Westbank wurde am Donnerstag den Nachrichtenagenturen zugestellt. In dem kurzen Streifen erklärt der mit einem israelischen Galil-Gewehr bewaffnete Mann, einer seiner Brüder sei während der Intifada von den Israelis getötet wurden. Seine bevorstehende selbstmörderische Tat sei ein Racheakt für die Erschießung von drei Palästinensern, die den israelischen Soldaten Nachschon Wachsman entführt und getötet hatten. Alsuri sagt weitere selbstmörderische Anschläge voraus, wenn die Tausenden von palästinensischen Gefangenen, die sich weiterhin in israelischer Haft befinden, nicht freigelassen werden.
Unterdessen hat Hamas Israel eine vorrübergehende Waffenruhe angeboten, die allerdings an Bedingungen geknüpft ist. Dazu zählen ein israelischer Abzug aus der Westbank, die Auflösung jüdischer Siedlungen im Gaza-Streifen und ein „Ende des Krieges gegen Hamas-Aktivisten“. Amos Wollin
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