Schwimmen ohne Sozialdemokraten

■ SPD verläßt den Lenkungsausschuß zur Bäderprivatisierung / Kritik an Senat

Der Konflikt um die vom Senat beabsichtigte Privatisierung der 72 öffentlichen Schwimmhallen und Freibäder nimmt an Schärfe zu. Aus Protest gegen die bisherige Informationspolitik von Schulsenator Jürgen Klemann (CDU) zog die Arbeitsgemeinschaft der SPD- Sportstadträte jetzt ihre beiden Vertreter Fredy Stach (Spandau) und Dankward Brinksmeier (Mitte) aus dem Lenkungsausschuß „Bäder“ zurück. Das Gremium unter Klemans Leitung will am 7. November über ein neues Organisationsmodell für die bezirklichen Schwimmbäder entscheiden und anschließend dem Abgeordnetenhaus zur Empfehlung vorlegen.

Grundlage ist ein 1,2 Millionen Mark teures Gutachten der Firma „Bossard Consult“, in dem Vorschläge für ein regionales (der Senat befürwortet eine landeseigene GmbH) wie auch für ein bezirkliches Konzept enthalten sind. Insgesamt erhofft sich der Senat durch ein neues Konzept Einsparungen von jährlich rund 30 Millionen Betriebskosten. Ihren Rückzug begründeten die SPD-Sportstadträte mit dem engen Terminplan, der erst für die vorletzte Ausschußsitzung am 31. Oktober die Präsentation des Gutachtens vorsieht. Eine Woche später sollen die Mitglieder ihr Votum abgeben.

„Das ist viel zu knapp bemessen“, meinte gestern Spandaus Sportstadtrat Stach. Er habe den Eindruck, „an der Pappnase“ herumgeführt zu werden. „Wir sehen nicht, daß der Senat ernsthaft an einer Beteiligung der Bezirke interessiert ist“, so der SPD-Politiker, der eine bezirkliche Lösung befürwortet. Klemann seinerseits beteuerte, der Zeitplan sei vor der Sommerpause im Lenkungsausschuß einmütig vereinbart worden. Er warf den SPD-Vertretern vor, sie wollten die Neuordnung verschleppen. Überrascht von der Haltung der SPD zeigte sich auch der Vertreter des Landessportbundes (LSB) im Lenkungsausschuß, Peter Hahn. Er hoffe nicht, daß dadurch Entscheidungen verzögert würden. Hahn wandte sich erneut gegen das „Hamburger Modell“, das im Sommer im Sportausschuß des Abgeordnetenhauses für positive Reaktionen gesorgt hatte.

In der Hansestadt werden die öffentlichen Sportbäder von den Hamburger Wasserwerken — einer landeseigenen Gesellschaft — zentral betrieben. In mehreren Schwimmstätten erfolgte nach Angaben des Hamburger Schwimmverbandes der Umbau zu lukrativeren Freizeitbädern, so daß die Vereine mit weniger attraktiven Bäder vorliebnehmen mußten.

Der LSB schlägt hingegen in einem Positionspapier vor, die zukünftigen Träger der Schwimmhallen sollten den Vereinen Kompetenzen übertragen, um so Kosten zu senken. So könnten Vereine während der Übungsstunden das Personal für Aufsicht und Einlaßkontrolle sowie für die Grob- und Duschreinigung stellen. Der Unterhalt der Bäder inklusive des technischen Betriebes und der Anlagen müßte jedoch weiterhin durch die Träger gewährleistet sein. Severin Weiland