piwik no script img

Auch wunderbare Freundschaften

■ ... enden beim Geld / Neue Arbeitskreise aus Casablanca

Berlin (taz) – Die erste internationale Konferenz über die wirtschaftlichen Perspektiven im Nahen Osten und Nordafrika geriet zum dreitägigen Fest. Am Ende allerdings klangen die Verlautbarungen vieler der 2.500 Delegierten aus Politik, Industrie und Finanzwelt ziemlich nüchtern. Wenige rechneten damit, sofort die ersten Früchte des Friedens zwischen Israelis und Arabern ernten zu können.

„Man macht Geschäfte nicht über Nacht“, sagte der israelische Regierungschef Itzhak Rabin und verdeutlichte damit, was der Hauptzweck der Mammutkonferenz war: psychologische Barrieren abzubauen, was in geradezu glänzender Weise gelungen zu sein scheint. Am Ende aber konnte auch „der Beginn einer wunderbaren Freundschaft“, die US-Außenminister Warren Christopher beschwor, nicht darüber hinwegtäuschen, daß die hochgesteckten Ziele nicht erreicht wurden: Das Ende des Wirtschaftsboykotts der arabischen Staaten wurde nicht feierlich verkündet, auch wenn der de facto seit dem Frieden zwischen Jordanien und Israel von immer weniger arabischen Staaten eingehalten wird. Und die Entwicklungsbank scheiterte, wie so manche wunderbare Freundschaft, am Geld: Europäische Länder und die Golfstaaten hatten sich im Gegensatz zu den USA und einigen Nahoststaaten dagegen gesperrt, das Institut mit zehn Milliarden Dollar auszustatten.

Deshalb ist in der Abschlußerklärung der Konferenz nur von dem Vorschlag die Rede, ein Expertengremium zu berufen, das die „speziellen Möglichkeiten und Erfordernisse einer solchen Institution“ prüfen soll.

Die Skepsis hatte vergangene Woche der Präsident der deutschen Bundesbank, Hans Tietmeyer, bei einem Besuch in Jerusalem geschürt. Er wies dabei auf die schlechte Erfahrung mit der im Jahre 1990 gegründeten Europäischen Bank für Rekonstruktion und Entwicklung in Osteuropa (EBRD) hin, die ihre Rolle zwischen weltweiten Organisationen wie der Weltbank und den EU-Institutionen noch immer nicht gefunden hat. Nach Ansicht des Bundesbankpräsidenten haben regionale Entwicklungsbanken eine „zu schwere politische Infrakstruktur“, und ihre Aktivierung nehme zu viel Zeit in Anspruch, die dem Nahen Osten jetzt nicht zur Verfügung stehe.

Tietmeyer empfahl den Ländern des Nahen Ostens, unkompliziertere Organisationen ins Leben zu rufen, die eine raschere Entwicklung der Region ermöglichten. Ansonsten meinte der Bundesbankpräsident, daß der Friedensprozeß mehr deutsche Firmen dazu veranlassen könnte, in allen Teilen des Nahen Ostens zu investieren.

Der Gouverneur der israelischen Staatsbank, Professor Jakov Frenkel, dessen Gast Tietmeyer in Israel war und der als Mitglied der starken israelischen Delegation ebenfalls an der Konferenz in Casablanca teilnahm, rief dort vor allem die großen Konzerne auf, das Schwergewicht ihrer Investitionspolitik in den Nahen Osten zu verlegen, am liebsten aus seiner Sicht natürlich nach Israel.

Doch die Geschäftswelt feierte zwar gerne mit, versprach aber für die Zukunft gar nichts. Kühl sprachen schwedische Gäste von einem „Fata-Morgana-Gipfel“, nachdem sie die Pläne für Strandpromenaden am Roten Meer, vierspurige Autobahnen von Paris bis Dakar und Tanger bis Lagos und ein Sinai Technology Valley studiert hatten. Sogar der saudische Milliardär Adnan Kashoggi beschränkte sich auf die Konstruktion eines Luftschlosses namens „Palestinian Enterprise Fund“. Der Fonds solle der Förderung privater Unternehmer im Gaza-Streifen dienen und 200 Millionen US-Dollar enthalten. Wer wie und wann wieviel Geld herausbekommen könnte, erläuterte Kashoggi wortreich. Nur einlegen sollen die Dollar westliche Industriestaaten. dri/aw

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen