■ Das Portrait: Leyla Zana
Wird heute mit dem Thoral- Rafto-Preis geehrt Foto: Leon Maresch
„Eine zierliche, wunderschöne Frau, eingekesselt von 28 bewaffneten Gendarmen“, beschrieb die grüne Europa-Abgeordnete Claudia Roth im August den Prozeß in Ankara gegen Leyla Zana und fünf andere Abgeordnete der kurdischen Partei DEP. „Nur einmal habe ich sie glücklich gesehen: Ihr Ehemann Mehdi wurde aus dem Gefängnis entlassen.“ Das war einmal. Sowohl Leyla Zana als auch ihr Ehemann sitzen im türkischen Gefängnis.
Geboren in einem kleinen Dorf bei Diyarbakir, 700 Kilometer südöstlich von Ankara, wurde Leyla mit 14 Jahren verheiratet. Mehdi Zana, ihr Ehemann, wurde drei Jahre später, 1977, zum Bürgermeister von Diyarbakir gewählt. Als die türkische Justiz ihn wegen des Verbrechens in Haft nehmen ließ, Gedichte in kurdischer Sprache zu veröffentlichen, tat sich die 17jährige Leyla Zana mit anderen Frauen von politischen Gefangenen zusammen. Sie versuchten, juristischen Beistand und internationale Öffentlichkeit zu organisieren. 1987 wird sie zum ersten Mal verhaftet, zwei Monate sitzt sie für eine Demonstration gegen die Folter.
1991 wurde Leyla für die Kurdische Partei HEP – später DEP – ins Parlament gewählt, doch lange hielt die Regierung ihren Einsatz für die Rechte der KurdInnen nicht aus.
Anfang dieses Jahres wurde ihre parlamentarische Immunität aufgehoben, Leyla Zana wurde verhaftet. Die Anklage: Sie habe sich in einem Interview mit dem deutschen ARD-Fernsehen „staatsschädigend“ zum türkisch-kurdischen Konflikt geäußert. Wiederholt habe sie den türkischen Staat provoziert: durch das absichtsvolle Tragen von Kleidern in den kurdischen Farben und weil sie den parlamentarischen Treueeid auf kurdisch abgelegt habe.
Heute wird Leyla Zana im norwegischen Bergen der Thoral-Rafto-Preis für Menschenrechte verliehen. Der 1986 verstorbene Rafto war einer der führenden Menschenrechtsaktivisten Norwegens. 1979 war er bei der Unterstützung oppositioneller Studenten in Prag festgenommen und gefoltert worden: Verletzungen, an denen er später starb. KollegInnen und Freunde riefen 1987 den Preis ins Leben, für Menschen, die sich für die Grundrechte einsetzen.
Leyla Zana ist es durch die Haft nicht möglich, an der Preisverleihung teilzunehmen. Ihre beiden Kinder sollen an ihrer Stelle in Bergen den Preis empfangen. Reinhard Wolff
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