: Neue Vorwürfe gegen Stadhallen-Chef
■ Bremerhaven: Stadthallen-Chef kassierte kräftig ab / „Mängelchen“ wie überall
Schwere Vorwürfe haben Arbeitnehmer-Vertreter inm Aufsichtsrat der Stadthalle Bremerhaven gegen den Geschäftsführer Hans-Jürgen Krams erhoben: der sollte 500 Mark als „pauschale Vergütung“ für Dienstfahrten im Stadtgebiet mit seinem Privat-PKW auch für die Monate kassiert haben, in denen ihm der Führerschein entzogen war (Beispiel 1). Krams soll die Anwaltskosten für einen privaten Rechtsstreit von Stadthallen-Konten überwiesen haben (Beispiel 2). Krams habe zugelassen, daß sein Mitarbeiter Gutz Geschäfte mit sich selbst macht und auch die „Richtigkeit“ von Überweisungen der Stadthalle an sich selbst quittiert haben (Beispiel 3). Und so weiter - lauter Unregelmäßigkeiten der Geschäftsführung mit Tendenz zur Selbstbedienung.
Das war im Juli (vgl. taz 6.7.94). Die C&L-Treuarbeit wurde mit der Prüfung der Vorwürfe beauftragt, ihr Bericht liegt dem Stadthallen-Aufsichtsrat nächste Woche vor, höchst vertraulich. „Anhaltspunkte für schwere Verstöße gegen eine ordnungsgemäße Geschäftsführung“ seien „nicht gegeben“, resumierte der Bremerhavener Stadtkämmerer Brandt vergangene Woche. „Mängelchen“ hätten die Prüfer festgestellt, erläuterte Brandt gestern gegenüber der taz, wie sie „in jeder städtischen Gesellschaft vorkommen“, und im Nachhinein bedauerte er fast, daß er sich zwingen ließ, das „sauteure Gutachten“ in Auftrag zu geben. Immerhin muß er 80.000 Mark dafür an die Wirtschaftsprüfer zahlen. Zu der Frage, ob die Vorwürfe ausgeräumt sind, wollte er im Einzelnen keine Stellung mehr nehmen.
Ein Blick in das 26seitige Gutachten zeigt: Die Vorwürfe waren zutreffend. Krams hat auch in der Zeit, in der er keinen PKW fahren durfte, pauschale Vergütung für die Nutzung seines Privatwagens zu Dienstfahrten im Stadtgebiet erhalten. Am 12.12.1992 verlor er zum dritten Male seinen Führerschein. Seine abgerechnete „Fahrleistung“ außerhalb Bremerhavens betrug 1992/3 insgesamt 6.800 Kilometer und 1993/4 sogar 8.400 Kilometer. Für 5.000 Kilometer davon kassierte der Geschäftsführer zusätzlich 3 Pfennig pro Kilometer „Mitnahmeentschädigung“. Die Prüfer süffisant: „Ob die Mitnahme eines Mitarbeiters dienstlich veranlaßt war, konnte nicht ermittelt werden.“ Die Stelle eines Chauffeurs war für den Geschäftsführer war jedenfalls nie beantragt oder besetzt worden.
Die Gutachter konnten die Liste der Vorwürfe an diversen Stellen erweitern. Beim Thema „Fahrtkosten“ stellten sie zum Beispiel fest, daß Krams nicht 45 Pfennig, wie es dem bremischen Reisekostengesetz entspricht und in seinem Anstellungsvertrag steht, sondern 52 Pfennig pro Kilometer kassierte.
Beispiel 2: Die Krams beauftragte (mündlich) einen Rechtsanwalt mit seiner Vertretung, unterläßt es, den Aufsichtsrat zu informieren, obwohl der Streitwert 50.000 Mark betrug (für Stadthallen-Prozesse ab Streitwert von 10.000 Mark ist lt. Gesellschaftervertrag der Aufsichtsrat zu informieren). Krams zahlt von Stadthallen-Konten die Anwaltskosten von 3.814 Mark. Die Versicherung der Stadthalle lehnt die Erstattung der Anwaltskosten ab mit der Begründung, daß der Prozeß nicht Krams als Vertreter der Stadthalle, sondern als Privatperson betraf.
Vorwurf 3: Für die Stadthalle Bremerhaven arbeitet die „Kultuinitiative“ als Veranstaltungs-Agentur, eine Firma von Hans-Herbert Gutz. Gutz ist gleichzeitig Mitarbeiter der Stadthalle; wer bei der Stadthalle anruft und nach „Kulturinitiative“ fragt, wird wie selbstverständlich zu Gutz durchgestellt. So kommt es, daß Beauftragungen von Gutz an Gutz die Regel sind, Gutz quittierte sich selbst die Auszahlung von Stadthallen-Geldern. (vgl. taz 9.7.94)
Die Wirtschaftsprüfer stellen dazu in ihrem Prüfbericht nur trocken fest: „Angebote von vergleichbaren Anbietern wurden nicht eingeholt“. Es gebe aber auch keinen Rahmenvertrag mit Gutz. Geschäftsführer Krams habe die Kontakte zu der Privatfirma seines Mitarbeiters Gutz als „langjährig und sehr zufriedenstellend“ bezeichnet. Die Wirtschaftsprüfer: „Wirtschaftliche Gründe für die ausschließliche Zusammenarbeit (konnten) nicht nachgewiesen werden“.
Das ist eine förmliche Umschreibung des Eindrucks, daß eines langjährig und zufriedenstellend ist - der Filz. K.W.
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