Wie Krams die Stadthalle privatisieren wollte

■ Bremerhavens Stadthallen-Geschäftsführer wollte Stadthallen-Betrieb zuschußfrei organisieren / Stadtkämmerer rechnete nach: 2,7 Millionen Kosten würden an der Stadtkasse hängenbleiben / AR vertagte das Thema gestern

Hans-Jürgen Krams, alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer der Stadthalle Bremerhaven, saß im Frühjahr nicht so fest im Sattel. Im Juni war der Aufsichtsrat der Stadthalle nicht bereit, seinen Vertrag zu verlängern.

Am 27.4.1994 erklärte der Geschäftsführer Krams in einem Brief an Stadtkämmerer Brandt, daß er „im Zusammenhang mit der bisherigen Nichtverlängerung meines Geschäftsführervertrages und der sich daran anschließenden öffentlichen Diskussion“ überlege, den Betrieb der Stadthalle zu privatisieren – unter Beteiligung von interessierten Firmen. Ein interessantes Angebot: nach einer „zwei- bis dreijährigen Übergangszeit“ wollte Krams „auf jegliche Verlustzuweisung aus dem städtischen Haushalt verzichten“. Die Liegenschaften sollten vorerst von der Stadt „zur Verfügung gestellt“ werden, zumindest die ersten drei Jahre pachtfrei, „zwei namhafte Unternehmensgruppen“ hätten Interesse angemeldet, einzusteigen. In Bremerhaven pfiffen es die Spatzen von den Dächern, daß damit die Becks-Brauerei und der Verleger der Nordsee-Zeitung gemeint waren.

Als der Stadtkämmerer die Idee nachrechnen ließ, wurde schnell deutlich, wer dabei das gute Geschäft machen würde. Fachleute des Stadtkämmerers stellten fest, was die Trennung von „Betreibergesellschaft“ und „zur Verfügungstellung“ des Gebäudes heißen würde: Den Kosten für die Instandhaltung und für die Baubetreuung der laufenden Modernisierungsarbeiten des Stadthallengebäudes würden in dem neuen Modell keinerlei „betriebswirtschaftlichen Erlöse“ entgegenstehen. Die Stadt hat also keine Einnahmen, sondern nur Ausgaben bei dem Modell. Zudem gebe es steuerliche Belastungen. Und wenn Krams nur zwei Drittel der Beschäftigten übernehmen wolle, so die Kämmerei, dann lasse sich „beinahe vermuten, daß in den vergangenen Jahren ... mit einem zu hohen Personalbestand gewirtschaftet wurde..“ Wenn, alles zusammengerechnet, die Stadt das restliche Personal in die Verwaltung der Immobilie übernehmen würde, bliebe eine jährliche Belastung von ca. 1,7 Millionen. Und da die Stadt Bremerhaven von den 30 Millionen Modernisierungskosten 13 Millionen Mark selbst (per Kredit) finanzieren muß, der Nutzen in Form von Mehrheinnahmen aber voll in die Kasse der privaten Betreibergesellschaft fallen würde, müsse zusätzlich mit einem Zins- und Tilgungsbetrag von ca. einer Million Mark im Jahr gerechnet werden.

Mit dieser Aufklärung über die gute Idee des Stadthallengeschäftsführers Krams, bei der Privatisierung des Stadthallen-Betriebes „auf jegliche Verlustzuweisung zu verzichten“, war die Angelegenheit aber keinesfalls auf ewig dem Gespött preisgegeben – dafür hat der Stadthallen-Geschäftsführer zu starke Verbündete in Bremerhaven.

Als erstes befreite die SPD-Mehrheitsfraktion in der Stadtverordnetenversammlung den Geschäftsführer auch ohne Privat-Modell vom Mißtrauen seines Aufsichtsrates nach dem Motto: um so schlimmer für den Aufsichtsrat, wenn er den Vertrag von Krams nicht verlängern will: Mit der CDU beschloß die SPD-Mehrheit in der Stadtverordnetenversammlung, die Krams-kritischen Aufsichtsräte Kehl (Grüne) und Model (FDP) abzuberufen. Damit war der Weg frei für die Verlängerung des Vertrages von Krams. Gestern vertagte der Aufsichtsrat das Thema „Privatisierung“ noch einmal. K.W.