: Unterm Strich
„Botho Strauß und kein Ende?“ fragt Tilman Krause im Tagesspiegel. Zwischen der Zeitschrift Theater heute und dem Dichter war es zum Streit gekommen, weil die Redakteure jenes Fachblatts, zu dessen Redaktion Strauß selber einmal gehört hatte, zwei seiner Briefe gegen seinen erklärten Willen veröffentlicht hatten. Die Redakteure hatten sich davon befremden lassen, daß Strauß' umstrittener Essay „Anschwellender Bocksgesang“ als programmatischer Text in dem Sammelband „Die selbstbewußte Nation“ erschienen war. Sie hatten daraufhin Strauß aufgefordert, sich zu den in diesem Band versammelten Autoren und den zum Teil haarsträubenden Texten in Beziehung zu setzen. (Brigitte Seebacher- Brandt hatte hier die Schuldfrage endgültig zugunsten des deutschen Volkes und zuungunsten der „braunen Machthaber“ geklärt; Ernst Nolte hatte noch einmal versucht, den Führer emphatisch von innen zu ergründen und Auschwitz den Bolschewiken anzuhängen.) Strauß zeigte
sich in seinen Briefen verschnupft, wich in der Sache aus und überzog die Redakteure mit Herablassung. Die nahmen darauf „Abschied von Botho Strauß“. Nachdem einige Schaubühnen-Schauspieler und der Regisseur Luc Bondy ihrem Autor beigesprungen sind und sich gegen Theater heute ausgesprochen haben, kommt nun mit Krauses Kommentar entschiedene, wenn auch späte Hilfe von seiten der Presse. Wille und von Becker werden kräftig beschimpft: ersterer als „miesepetriger Musterschüler“, als „gönnerhafter Oberlehrer“ der andere. Und dann gehen die Pferde mit Krause durch: „Die schönen Tage, als jene von Reginald Rudorf aufgespürte ,vierte Gewalt‘ eines Medienkartells, bestehend aus dem Spiegel als Lawinenlostreter und den linken tutti quanti als Nachbeter, ihre Entsprechung im kulturjournalistischen Bereich hatte, sind nun vorüber.“ Reginald Rudorf? Was ist bloß mit Herrn Krause los, diesem stadtbekannten feinnervigen Ästheten, daß er sich mit dem feistesten Krawall
Journalisten der Republik in ein Boot setzt? Ach, lieber Tilman Krause, wir müssen uns schon sehr wundern. Nach Lektüre Ihres Artikels weiß man schon bald gar nicht mehr, worum es eigentlich geht. Hat die Sache denn gar keinen Streitwert? Ist es nicht bemerkenswert, wenn sich einer der angesehensten Autoren des Landes mit diesen Leuten einläßt? Es geht ja bei diesen neuen Rechten nicht vorrangig um Andersdenkende, sondern um Schwachdenkende, die ihre intellektuelle Armut mit Ressentiments auffüllen. Und nun auch Sie auf deren Seite? Wie das? Mitleid für die vom linken Meinungskartell so lange Unterdrückten? Oder könnte es irgend etwas damit zu tun haben, daß in der „Selbstbewußten Nation“ auch ein Besinnungsaufsatz aus Ihrer Feder steht: „Innerlichkeit und Weltferne. Über die deutsche Sehnsucht nach Metaphysik“. Fragen die linken tutti quanti von der taz.
Der künftige Intendant der Hamburgischen Staatsoper heißt Albin Hänselroth, derzeit noch Leiter des Teatro del Liceu in Barcelona. Er wird mit der Spielzeit 1997/98 antreten. Der ursprünglich designierte Regisseur Johannes Schaaf war vergangene Woche nach internen Auseinandersetzungen abgesprungen.
Dem polnischen Schriftsteller Andrzej Szczypiorsky ist am Montag abend das Bundesverdienstkreuz mit Stern verliehen worden. Anhefter Klaus Kinkel nannte ihn einen großen Europäer, dessen Herzenssache der deutsch-polnische Dialog sei.
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