: „Die SPD braucht Nachhilfeunterricht“
■ Der bündnisgrüne Bundestagsabgeordnete Schmidt zum geplanten Großflughafen
Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen will den Großflughafen Berlin-Brandenburg International kippen. Ein Antrag soll im kommenden Monat im Bundestag behandelt werden.
taz: Was haben Sie gegen den geplanten Großflughafen?
Albert Schmidt, Verkehrsexperte der Fraktion: Die bisherigen Prognosen sind völlig daneben. Derzeit steigen die Passagierzahlen in Frankfurt und München viel schneller als in Berlin. Das Schienennetz wird ausgebaut, das Duty- free-Geschäft wird wegfallen, aller Wahrscheinlichkeit nach die Mehrwertsteuer im Flugverkehr eingeführt und das Flugbenzin besteuert. Flugtickets werden also teurer und Flugreisende in nennenswertem Umfang auf die Bahn umsteigen. Der Bundesrechnungshof warnt deshalb ja auch vor der jetzigen „Übermaßplanung“. In Hamburg ist der geplante Großflughafen Kaltenkirchen in den 70er Jahren vor Gericht an seiner Überdimensionierung gescheitert.
Es geht nicht mehr darum, wo, sondern ob überhaupt ein neuer Mega-Airport gebaut werden soll?
Wer den Bericht des Bundesrechnungshofes ernst nimmt, kann nur zu dem Schluß kommen: Ein neuer Großflughafen – egal wo – rechnet sich nicht. Berlin kann den Flugverkehr in Schönefeld bedienen und Tempelhof und Tegel schließen.
Soll Schönefeld ausgebaut werden?
Der Bau zwei neuer Terminals, nicht aber neuer Start- und Landebahnen, ist ohnehin geplant. Schönefeld könnte dann knapp das Doppelte des heutigen Berliner Fluggastaufkommens bedienen. Der Rechnungshof kritisiert, daß die Investitionen in Schönefeld aber verlorengehen, wenn dieser Airport wie vorgesehen im Jahr 2010 geschlossen wird.
Woher nehmen die Bündnisgrünen den Optimismus, im Bundestag Erfolg zu haben?
Der Berliner CDU-Fraktionsvorsitzende Klaus-Rüdiger Landowsky hat sich schon innerlich von dem Großprojekt verabschiedet. Nun braucht noch die SPD ein wenig Nachhilfeunterricht.
Landowsky sitzt nicht im Bundestag, und Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann (CDU) hat angekündigt, daß die Bonner mitmachen.
Das scheint so. Doch das Treffen von Wissmann, Diepgen und Stolpe in der vergangenen Woche war tatsächlich eine Krisensitzung – wegen des Rechnungshofberichts. Noch hat der Bund keine müde Mark für den Großflughafen vorgesehen, und wenn es schon kein ökologisches Gewissen gibt, hoffe ich doch auf ökonomischen Verstand. Interview: Dirk Wildt
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