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Mutmaßlichem ETA-Mitglied droht Auslieferung

■ 32jähriger Spanier sitzt in vorläufiger Auslieferungshaft in Moabit / Kammergericht muß entscheiden / Inhaftierter hat Angst vor Folter in Spanien

Benjamin Ramos Vega, der Ende Januar aufgrund eines internationalen Haftbefehls in Berlin festgenommen wurde, befindet sich in vorläufiger Auslieferungshaft in Moabit. Ob er nach Spanien ausgeliefert wird, entscheidet nach Auskunft des Justizpressesprechers Frank Thiel das Kammergericht: „Das kann sich über Monate hinziehen.“ Nach Auskunft von Petra Schlagenhauf, die Ramos in Berlin vertritt, ist das Auslieferungsersuchen der spanischen Behörden, das innerhalb von zwei Monaten nach der Festnahme erfolgen muß, noch nicht eingetroffen. Dem 32jährigen, der von deutschen und spanischen Beamten vernommen wurde, wird Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Besitz von Sprengstoff vorgeworfen. Nach Auskunft der spanischen Behörden hatte er zusammen mit der 38jährigen Berlinerin Gabriele K. für das „Kommando Barcelona“ der ETA konspirative Wohnungen in der katalanischen Hauptstadt angemietet. Bei seiner Festnahme hatte er falsche Papiere bei sich. Gabriele K. wurde ebenfalls verhaftet, jedoch nach kurzer Zeit wieder freigelassen. Sie gab in Barcelona Deutschunterricht und war ein Jahr früher als Ramos nach Berlin gekommen. Letzte Woche besuchte ihn seine baskische Anwältin Jone Goirizelaia Ordorika in Begleitung einer Vertreterin einer spanischen Menschenrechtsorganisation im Gefängnis, wo er sich nach ihren Angaben in Isolationshaft befindet und seine Zelle nur für eine Stunde am Tag verlassen kann. Ihr Mandant habe große Angst, nach Spanien ausgeliefert zu werden, sagte sie zur taz. Denn in spanischen Gefängnissen habe er als politischer Häftling mit Folter und Isolationshaft zu rechnen. Sollte er tatsächlich ausgeliefert werden, wäre dies die erste Auslieferung eines spanischen politischen Häftlings.

Erschwerend für die Situation von Ramos Vega kommt hinzu, daß er Aids hat. Der 32jährige, der bisher in Barcelona medizinisch betreut wurde, erhalte derzeit keine Behandlung und warte auf Medikamente, die ihm seine Familie von Spanien aus schickt, so Ordorika. Die Anwältin weiß von vielen politischen Gefangenen, die in spanischen Gefängnissen aufgrund fehlender Behandlungen an der Immunschwächekrankheit gestorben sind.

„Er ist nicht mit seiner Abschiebung einverstanden“, sagte Justizsprecher Thiel: „Ich habe keine Kenntnisse über Menschenrechtsverletzungen in spanischen Gefängnissen.“ Diesbezüglich müsse die Bundesregierung eingeschaltet werden. Voraussichtlich werde auch das Außenministerium mit einbezogen. Nach Auskunft der Anwältin von Ramos Vega habe eine unter Folter erpreßte Information auf die Spur ihres Mandanten geführt. Anfang 1993 sei in Barcelona ein mutmaßlicher Terrorist festgenommen worden, der nach Schlägen den Namen genannt habe. Bei einem Verhör beim Richter jedoch habe er gesagt, daß er Ramos Vega nicht kenne. Barbara Bollwahn

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