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30 Sekunden Freude

■ Nach einem lockerem 3:0 über die Berliner Preussen gilt alle Konzentration der Kölner Haie dem Eishockey-DEL-Finale

Berlin (taz) – Robert Murdoch ist, wie das bei nordamerikanischen Eishockey-Trainern so üblich ist, ein sehr höflicher Mensch. Drum hat der Coach der Kölner Haie auch nach dem samstäglichen 3:0 (0:0, 2:0, 1:0), mit dem man sich (mit 3:1 Siegen) für das DEL-Finale qualifiziert hat, nicht vergessen, der unterlegenen Berliner Preussen zu gedenken, hat, wie er es während der fünf Halbfinals stets tat, von einem „großen Team“ gesprochen, und vom „Glück“, das man neben „einem guten Torhüter und Gesundheit“ brauche, um in den Play-offs erfolgreich sein zu können. Wie bei nordamerikanischen Trainern üblich, beläßt er es gerne bei Unverbindlichkieiten und vergißt, essentielle Dinge wie den körperlichen Zustand der Spieler und die taktische Einstellung auf den Gegner. Wie beim 1:5 in Berlin, ließ Kevin Primeau seine Preussen auch an der Lentstraße stürmen, weil ihm anderes mit diesem Team auch kaum blieb. Wie im Spiel zuvor fanden die ohne Tony Tanti angetretenen Preussen durch die perfekte Kölner Abwehr kein Durchkommen. Und war Torhüter Heiß erneut und nicht mehr überraschend im direkten Vergleich besser als die mutmaßliche deutsche Nummer eins, Klaus Merk. Auf der anderen Seite aber trafen Lupzig (27.), Rumrich (29.) und Nationalstürmer Brandl (59.) ins leere Tor, womit aber eigentlich nur offziell wurde, was seit der Heimniederlage vom Donnerstag bereits klar war. Die Preussen, souveräner Tabellenführer nach Abschluß der DEL-Normalrunde, können auch beim fünften Versuch hintereinander zwar das Halb-, nicht aber das Finale erreichen. Das Ziel, im zwanzigsten Jahr nach Xaver Unsinns Schlittschuhclub selig die Meisterschaft zu holen, ist erneut verfehlt. Dabei hatte der allmächtige Präsident Hermann Windler mit gewachsenem Sponsorenpool heuer ein Team, das mutmaßlich so stark wie selten war. Aber eben nicht mehr, als es zählte. „Meine Mannschaft hat alles gebracht“, sagt nun Primeau: „Ich kann ihr keinen Vorwurf machen.“ Was eigentlich heißt: Sie konnte nicht besser. Vor allem hinten nicht, wo bis zum Halbfinale nie getestet worden war.

Während die Preussen nun über die Verpflichtung eines neuen Trainers nachgrübeln, hat Kölns Trainer Murdoch seinen Spielern gesagt, sie könnten sich „jetzt dreißig Sekunden freuen“, und sodann volle Konzentration auf das siebte Play-off-Finale des Klubs verordnet. Die Kölner, Sechster nach der Normalrunde, könnten den Rekord der SB Rosenheim unterbieten, die 1982 als Vorrundenfünfter Meister geworden ist. Es sieht verdächtig danach aus. -pu-

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