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Unterm Strich

Man sollte es nicht meinen, aber katholische Priester haben zu verhindern gewußt, daß der über- und überaus harmlose Film Priest, in dem es einerseits um einen schwulen Priester, andererseits um einen Amtsbruder geht, welcher seine Haushälterin beschläft, die dann wahrscheinlich sehen kann, was vom Tage übrig blieb. Die Catholic League, eine 200.000 Mann starke Operation, hatte die Sache als anti-katholisch empfunden. Speziell der Filmstart am Karfreitag hätte Salz in Wunden gestreut, die besser ungesalzt blieben. Der Verleih, Miramax, dieser Tage nun ständig mit Pieptönen und Zensurdelikten im Gespräch, wurde aufgefordert, sich vom Inhalt des Filmes zu distanzieren, worüber ja wohl die Hühner lachen.

Oliver Stones Schattenkabinett für Richard Nixon steht fest: John Turturro ist Henry Kissinger (klasse Casting!), Bob Hoskins wird J. Edgar Hoover, und, wie berichtet, Anthony Hopkins als Knautschface himself (haben Sie schön geübt).

Bruce Willis soll die Hauptrolle in einem Film übernehmen, der wie andere Filme neuerdings auch, aus einer Sixties-Fernsehserie entstanden ist. Sie hieß damals „Combat!“, wenn Sie das interessiert.

Auf der Ruine einer evangelischen Kirche soll eine Synagoge – wie es in der Tickermeldung heißt – „wachsen“, ganz so, als wäre die Synagoge eine hartnäckige unterirdische Kartoffel, die eben mit der Bannkraft der Natur schließlich den harten christlichen Stein schleift (die 50er-Jahre-Versöhnungs- vorstellung von den Juden als christlichem Urgestein bricht hier wieder durch). Der Rumpf der Synagoge wird aus den erhaltenen Kirchenmauern in Form eines Achtecks gebildet, darüber soll sich die Rundkuppel wölben. Die Stadt hat den Neuendorfer Anger in Potsdam-Babelsberg als Baugrund versprochen, sagte die Geschäftsführerin der Jüdischen Gemeinde Brandenburg. Früher hatten dort in Babelsberg zwei Kirchen gestanden, die beide im Zweiten Weltkrieg schwer Schaden genommen hatten. Die 1899 entstandene Bethlehem-Kirche war später abgerissen worden. Zu DDR-Zeiten mußte die Kirchengemeinde das Gelände an den Staat abtreten, weil dort eine Schnellstraße verlaufen sollte – ein Projekt, das nie verwirklicht wurde. Die Rückgabeforderungen der Kirche nach der Wende wurden zweimal vor Gericht abschlägig beschieden, und schließlich gaben sie es auf. Die Syn-

agoge werde, so Superintendent Hans-Ulrich Schulz, ein Stück Theologie in baulicher Form sein.

Der französische Staatspräsident François Mitterrand eröffnet heute die neue Nationalbibliothek als das letzte Prestigeobjekt seiner an solchen nicht eben armen Amtszeit. Das im Volksmund zärtlich TGB oder auch Très Grand Bib genannte 80 Meter hohe und etwa 2 Milliarden Mark teure Stück wird sich mit seinen vier winkelförmigen Glastürmen am linken Seine-Ufer befinden. Es wird noch eineinhalb Jahre dauern, bis sie ihre Pforten und ihre zwölf Millionen Bücher der Öffentlichkeit zugänglich machen kann. Die Rekordbauzeit von drei Jahren hing mit dem nahenden Ende der Amtszeit des an Krebs erkrankten Mitterrand zusammen, der sich einige solcher Denkmäler gesetzt hat: Glaspyramide am Louvre, neuer Triumphbogen in La Défense etc. Das Projekt war nicht nur wegen seiner Monumentalität, sondern auch wegen der Lagerung wertvoller Bücher unter Glas kritisiert worden. Aus diesem Grund sind inzwischen etliche schützende Holzpaneele eingezogen worden.

Der Kulturkreis der deutschen Wirtschaft hat vor den Folgen unkoordinierter Sparbeschlüsse der öffentlichen Hände für Kultureinrichtungen gewarnt. „Der Rohstoff Kultur steht in unmittelbarer Beziehung zur Leistungsfähigkeit einer Gesellschaft“, ließ sich der Vorsitzende des Kulturkreises im Bundesverband der Deutschen Industrie, Arend Oetker, am Dienstag auf einer Pressekonferenz vernehmen. Ein „Weißbuch Kulturförderung in gemeinsamer Verantwortung“ wird erstellt, in dem Denkschriften zahlreicher von Kürzungen betroffener Institutionen zusammengefaßt sind.

Unter anderem kommen der Deutsche Kulturrat, Deutscher Musikrat, Deutscher Bühnenverein und der Museumsbund zu Wort.

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