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„Bis zum Jahr 2000 abschaffen“

■ Interview mit Binta Sidibe, Leiterin der Aufklärungskampagne gegen Beschneidung in Gambia: Wir suchen dringend Sponsoren

taz: Hat die Antibeschneidungskampagne etwas in Gang gebracht?

Schwer zu sagen. Wir leben in einer patrilinearen Gesellschaft. Was die Klitorisbeschneidung angeht, ist es die Familie des Ehemannes, die das Sagen hat. So sind es meistens die Schwiegermütter, die Schwägerinnen, also seine Verwandten, die die Mädchen ohne Einverständnis der Mutter abholen. Sie können dein Kind abholen, es in den Busch bringen, ohne es dir als Mutter zu sagen.

Ich habe Glück, weil ich in der Stadt lebe. Aber auf dem Land, zusammen mit der Familie meines Mannes, hätte ich keinerlei Kontrolle. Sie könnten eines Tages einfach kommen und meine Kinder mitnehmen.

Wie finanzieren sich die Workshops?

Vor allem durch die ehrenamtliche und unbezahlte Arbeit der engagierten Frauen. Momentan suchen wir dringend Sponsoren, damit wir ein Büro mit Telefonanschluß für unsere Assoziation einrichten können. Wir haben weder Schreibmaschinen noch einen Wagen, mit dem wir die Dörfer besuchen könnten, ganz zu schweigen von Löhnen für unsere Arbeit. Wenn wir eine europäische NGO (regierungsunabhängige Hilfsorganisation) finden könnten, die uns finanziell unterstützt, würden vielleicht auch Organisationen wie das Rote Kreuz nachziehen.

In Europa scheuen sich manche Organisationen, zu diesem Thema Stellung zu nehmen. Das Argument lautet häufig, daß es sich um eine kulturelle Angelegenheit handelt, von der wir nichts verstünden.

Wir sind alle voneinander abhängig. Ich habe zum Beispiel sehr davon profitiert, daß eine italienische Frauenorganisation 28 Afrikanerinnen aus vier Ländern unterstützt hat. Jeweils sieben Frauen aus Nigeria, Gambia, Äthiopien und dem Sudan konnten in Italien einen Monat lang einen Trainingslehrgang besuchen. Dabei ging es ausschließlich um die Abschaffung der Klitorisbeschneidung. Sie bildeten uns zu Trainerinnen, zu Fachkräften im Gesundheitsbereich aus, brachten uns bei, wie wir Radioprogramme zum Thema Klitorisbeschneidung gestalten können. Wir sehen das nicht als Einmischung an. Schließlich sind wir es, die das Problem erkannt haben und wissen, daß wir etwas dagegen tun müssen.

Wir haben in unseren jeweiligen Ländern Gruppen gegründet, aber wir haben nicht die Mittel, es auf eigene Faust zu schaffen. Wir brauchen ein Netzwerk. Um gegen die Mädchenbeschneidung zu kämpfen, die weitreichende gesundheitliche Probleme für die Frauen zur Folge hat, tauschen wir mit den Europäerinnen unsere Kenntnisse und Ideen aus.

Denken Sie an Aids. Wir alle wissen, daß der HI-Virus durch Blutübertragung weitergegeben wird. Wir wissen über die Praxis der Beschneiderinnen, daß sie mit ein und demselben Messer zehn oder mehr Mädchen hintereinander beschneiden. Wenn eines dieser Kinder HIV-infiziert ist, können sich die anderen auch anstecken. Das ist ein universelles Problem. Wir haben uns zum Ziel gesetzt, daß es im Jahr 2000 keine genitalen Verstümmelungen mehr in Afrika geben soll. Interview: Kerstin Kilanowski

Auf der Weltfrauenkonferenz in Peking im September möchte Binta Sidibe mit NGOs Kontakt aufnehmen, die mit dem Projekt längerfristig zusammenarbeiten wollen.

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