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Sie sehen bizarr aus

■ Sind mordende Teenager ein Beleg für das Verschwinden der amerikanischen Mittelklasse? Ein Gespräch mit dem Regisseur von "Fun", Rafal Zielinski

Rafal Zielinski, 38 Jahre alt, gebürtiger Pole, wuchs in den USA, England, Nahost und Indien auf. Er lebt in Los Angeles. Nach „Ginger Ale Afternoon“ und „Hey Babe“ ist „Fun“ sein dritter Spielfilm.

taz: Im April berichteten „USA Today“ und andere Zeitungen in großen Aufmachern über die rapide Zunahme der von Teenagern begangenen Tötungsdelikte. „Fun“ erzählt von zwei killenden Schülerinnen. Glauben Sie dem Hype?

Rafal Zielinski: Ich glaube überhaupt nichts. Alles, was ich mache, ist beobachten. Es gibt mehr und mehr Verbrechen auf der Welt – ein Reflex auf die Medien, die merklich stärker in die Pflicht genommen werden müssen. Nehmen Sie Quentin Tarantino zum Beispiel: Sein Killer sorgt sich um sein blutiges T-Shirt und nicht darum, daß er gerade jemanden getötet hat. Für Kinder und Jugendliche verzerren sich da die Maßstäbe.

In Ihrem Film erscheint die Vergangenheit neonbunt, die Gegenwart aber schwarzweiß. Ist das nicht ein bißchen simpel – die Vergangenheit der Mädchen war ja auch kein Zuckerschlecken?

Die Vergangenheit des Films beschränkt sich auf diesen einzigen Tag, den Bonnie und Hillary gemeinsam verbringen. Es ist der großartigste Tag ihres Lebens. Sie erkennen sich und verschmelzen sofort zu einem dritten, vollkommenen Wesen.

Die Mädchen sind wandelnde Problemzonen: Vernachlässigung durch lieblose Eltern und Pflegeeltern, Drogen, Einsamkeit, Kindesmißbrauch. Haben Sie den Film für die gymnasiale Oberstufe gedreht, ist da nicht ein bißchen viel Didaktik?

Längst nicht genug. Ich wünschte, „Fun“ würde noch mehr Probleme aufwerfen. Zum Beispiel das Verschwinden der amerikanischen Mittelklasse, aus der Bonnie und Hillary ja kommen.

Die Mädchen sind engelhaft schön – fast zu schön. Warum dieses Winken mit Sympathie und Unschuld?

Ich finde, diese Schauspielerinnen sehen eher bizarr aus. Sie werden erst durch ihre Intensität schön...

Glaube ich nicht. Sie sind Musterbilder des All American Girl. Die amerikanische Rasse ist sehr gesund. An den Highschools wimmelt es von schönen Menschen. Das liegt an der Qualität der Nahrungsmittel, den Diäten, Früchten, Proteinen ...

Scherz beiseite!

Sehen Sie, ich bin Zen-Buddhist. Ich glaube an Ying und Yang, daran, daß wir gleichermaßen spirituell und gewalttätig sind. Wissen Sie, als ich 1962 in die USA kam, war ich erst an einer schlimmen Schule: Gangs, Drogen. Nach dem dritten Tag war ich selbst ein Gangster. Dann steckten mich meine Eltern in eine katholische Eliteschule, und ich wurde ein Musterschüler.

Und wenn die nun, was Werte und Lebensformen angeht, unübersichtlich ist?

Unsere Welt ist gewalttätiger als die zu Zeiten Hitlers. Es herrscht zwar gerade kein Krieg in den USA oder der BRD, aber die Gewalt geht – vielfach codiert – von der Gesellschaft aus. Vom mystischen Standpunkt aus brauchen wir diese Gewalt aber genauso zu unserem Wachstum wie das Positive.

Mochten Sie „Natural Born Killers“, „Pulp Fiction“ und „Heavenly Creatures“?

Nur sehr bedingt. Sie sind oberflächlich, psychologisch fast völlig leer, dafür kameratechnisch sehr gut und mitunter sogar lustig. Mein Film ist kein Bestandteil dieses Trends, role models für Killer zu schaffen.

Das Gespräch führte Anke Westphal

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