: Großer Rummel um Akashis Plan
UN-Sondergesandter ringt den serbischen Kroaten selbstverständliche Zusagen ab / Präsident Tudjman weist Vorschläge zurück / Kroatische Offensive in Bosnien geht weiter ■ Aus Zagreb Erich Rathfelder
Jetzt soll angesichts der steigenden Kriegsgefahr in Kroatien wieder verhandelt werden. Yasushi Akashi, der von vielen Seiten kritisierte persönliche Abgesandte des UNO-Generalsekretärs Butros Butros Ghali im ehemaligen Jugoslawien, versuchte bisher vergeblich, die krajinaserbische Führung und den kroatischen Präsidenten an einen Tisch zu bringen. Tudjman zeigte sich unbeeindruckt. Aber auch auf die serbische Seite einzuwirken ist ihm nur in bedingtem Maße gelungen. Chris Gunness, Pressesprecher der Unprofor, der am Sonntag schon von einem Rückzug der serbischen Truppen um Bihać wissen wollte, mußte gestern seine Aussagen zurücknehmen. Man habe lediglich Truppenverschiebungen registriert, er wisse jedoch nicht, ob diese Truppenverschiebungen am nördlichen Teil der Enklave tatsächlich einen Abzug bedeuteten. Den Rückzug der serbischen Truppen von der Enklave zu erreichen war jedoch eines der Ziele des „fünfstündigen Gespräches“ Akashis am Sonntag mit der krajinaserbischen Führung gewesen.
Immerhin war bei dieser Gelegenheit ein 6-Punkte-Plan ausgearbeitet worden. Im Punkt 1 erklären sich die Serben zum Rückzug ihrer Truppen aus der bosnischen Enklave Bihać bereit. Im Punkt 2 versprechen sie, künftig nicht mehr gegen die bosnischen Regierungstruppen zu kämpfen. In Punkt 3 erlauben sie die Stationierung von Blauhelmen an der Grenze zur Enklave Bihać, in Punkt 4 dagegen fordern sie die Stationierung von Blauhelmen an der Demarkationslinie zu den Kroaten im Osten von Knin, im Dinaragebirge. Im Punkt 5 erklären sie sich zu einem direkten Gespräch des Krajina-Präsidenten Milan Martić mit Tudjman bereit und laut Punkt 6 wollen sie humanitäre Konvois in die Enklave Bihać durchlassen. Bisher forderte die Führung der Krajinaserben 50 Prozent der humanitären Hilfe für Bihać für sich selbst.
Keiner der Punkte wurde umgesetzt. Tudjman lehnte es mit scharfen Worten ab, mit dem als Kriegsverbrecher gesuchten Milan Martić zusammenzutreffen. Er forderte dagegen die UNO auf, bezüglich der Kontrolle der Außengrenzen Kroatiens die Beschlüsse des Weltsicherheitsrates zu beachten. Demnach müßten UNO-Posten entlang der gesamten Staatsgrenze Kroatiens stationiert werden. Die Krajina-Serben hatten dies bisher verhindert, weil damit der Zugang zu den serbisch besetzten Gebieten durch UNO-Truppen kontrolliert werden würde. Weiterhin forderte der kroatische Präsident, daß 24 Stunden vor Gesprächen zwischen den beiden Seiten in Genf die Adria-Pipeline, die teilweise über serbisch besetztes Gebiet nach Zagreb führt, wieder geöffnet werden müßte. Sollte dies nicht geschehen, sei eine sofortige Militäraktion gegenüber der Krajina unausweichlich.
Von beiden Seiten wird der Krieg unterdessen fortgesetzt. Sowohl die Enklave Bihac als auch die erst vom Freitag von den bosnischen Kroaten eroberten Orte Bosansko Grahovo und Glamoc gerieten unter serbischen Beschuß. Die kroatischen Einheiten beschossen dagegen Dörfer bei Strmici an der kroatisch-bosnischen Grenze mit Artillerie und Granaten. Der Akashi-Plan ist damit schon kurz nach seiner Verkündigung hinfällig.
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