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Benzinschmuggel nach Serbien

Der offene Bruch des UN-Embargos gegen Restjugoslawien kann von den rumänischen Behörden nicht mehr verschwiegen werden. Über den Flughafen von Temesvar wird täglich Treibstoff geliefert.  ■ Von Keno Verseck

Rumänische Behörden bestreiten längst nicht mehr, daß das UNO-Embargo gegen Serbien von privaten Schmugglern in großem Maßstab verletzt wird. Im rumänischen Grenzgebiet zu Serbien kommen täglich Hunderte von Benzintransportern an, Tausende von Tonnen werden über die Donau oder den Landweg nach Serbien geschafft. Daß rumänische Behörden dabei alle Augen zudrücken oder gar mithelfen, den Schmuggel zu organisieren, wurde in Bukarest bisher immer bestritten.

Am Mittwoch nun kam aus der rumänischen Hauptstadt zum ersten Mal ein indirektes Eingeständnis, daß Rumänien auch offiziell das Embargo verletzt. Vorausgegangen war dem am Wochenende ein Bericht in der Zeitung New York Times, der in Rumänien für einen Skandal sorgte. Darin zitiert das Blatt UNO-Beobachter, die seit Monaten zusehen müssen, wie über den Flughafen im westrumänischen Temeswar, nur wenige Kilometer von der serbischen Grenze entfernt, massenweise Flugbenzin nach Serbien geschmuggelt wird: Dreimal täglich kommen hier Passagiermaschinen der jugoslawischen Luftfahrtgesellschaft YAR aus Belgrad an, die fast immer leer sind. Für den Rückflug tanken sie laut den UNO-Beobachtern 22.000 Liter Flugbenzin, obwohl für die 25minütige Strecke nach Belgrad nur 5.000 Liter notwendig wären.

Die überschüssige Menge reiche zum Beispiel aus, um drei Kampfflugzeuge des russischen Typs MiG zu versorgen, so die UNO-Mitarbeiter. Ihre Beschwerden beim Bukarester Außenministerium haben bislang offenbar nichts bewirkt. Im Gegenteil: Rumänien genehmigte erst in der letzten Woche den Belgrader Wunsch, zusätzlich zu dem bis dahin einzigen täglichen Linienflug zwei weitere tägliche Flüge einzurichten.

Dennoch dementierte das rumänische Außenministerium vorgestern erneut eine offizielle Verletzung des Embargos. Gleichzeitig wies das Transportministerium jedoch die Direktion des Temeswarer Flughafens an, Passagierflugzeugen, die nicht mindestens zu 25 Prozent mit Fluggästen besetzt sind, keine Landeerlaubnis mehr zu erteilen und das Auftanken aller restjugoslawischen Flugzeuge in Zukunft zu verweigern. Ob die Anweisung tatsächlich auch eingehalten wird, bleibt fraglich. Schon bisher hatte das Transportministerium immer behauptet, die restjugoslawischen Passagiermaschinen würden nicht mehr tanken als notwendig, schreibt die New York Times.

Doch nicht nur für restjugoslawische Flugzeuge gilt Temeswar als einer der Knotenpunkte des Schmuggels. Auch sonst wird hier täglich in Lastwagen und Eisenbahnwaggons tonnenweise Benzin nach Serbien geschmuggelt.

Eine landesweit bekannte Größe unter den Schmugglern ist der Temeswarer Unternehmer Radu Tinu, der vor 1989 Vizechef der Securitate im Kreis Temes war. Der heute erfolgreiche Geschäftsmann schmuggelt Benzin und Diesel in ganzen Eisenbahnzügen, wurde deshalb Anfang Mai verhaftet, aber kurze Zeit später wieder freigelassen. Untersuchungen gegen den Ex-Securitate-Mann versanden offenbar wegen dessen ausgezeichneter Beziehungen immer wieder. Nach Angaben von rumänischen Zeitungen sind auch staatliche Stellen in den Benzinschmuggel verwickelt.

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