: „Melodie zum Durchatmen“
■ Im taz-Gespräch: Karl-Heinz Calenberg und Monika Kluth, die bekanntesten Ex-Hansawellen-ModeratorInnen, über ihr neues Programm „Radio Bremen 3 Melodie“
Um 6 Uhr stehen am 4. September „Nachrichten“ im Programm, aber danach wird alles: „Radio Bremen 3 Klassik“ wird abgeschafft, „Melodie“ heißt das neue Programm, das dann auf der 96,7-Frequenz zu hören ist. Wir sprachen mit Karl-Heinz Calenberg, „Chef von Melodie“ (CvM) im hausinternen Jargon, und der Kaffeepott-Moderatorin Monika Kluth, über das Überraschungsei.
Sie beiden sind Bremens bekannteste, erfolgreichste Hörfunk-Moderatoren in Bremen?
Karl-Heinz Calenberg: Die Bekanntesten – das würde ich so akzeptieren. Wir haben 23 Jahre zusammen den Samstag Vormittag moderiert. Und es war nicht unerfolgreich.
Monika Kluth: Bekannt waren wir schon sehr. Das ist nicht immer schön. Normalerweise gehe ich morgens schon mal ungeschminkt und mit Pferdeschwanz zum Markt, und dann sagt jemand: „Sind sie nicht die Monika vom Kaffeepott...?“ Und dann schlucke ich und sage: Woher kennen sie denn mein Gesicht? Da ist es mir schon passiert, daß ich zur Antwort bekam: Sie haben eben den Fisch bestellt, daran habe ich es erkannt.
Wieviel Reichweite hatten Sie „on the top“?
Calenberg: Die Spitzen? In Bremen haben mal 54 Prozent aller Radio-Hörer morgens den Kaffeepott der Hansawelle eingeschaltet.
Wann war das?
Calenberg: Bis 1990, 1991, bevor ich abgegeben habe.
Was haben Sie dazu beigetragen, daß sie so einen Erfolg gehabt haben?
Calenberg: Entscheidend ist die Natürlichkeit. Sich so darstellen, wie man ist, menschlich. Nur nicht unecht sein.
Kluth: Und auch die Themen aufzugreifen, die die Leute aktuell interessieren. Ich erinnere mich sehr gut an ein Interview mit Hacketal über Euthansie. Anschließend klingelten alle Leitungen, die Hörer haben unheimlich teilgenommen.
Wir hatten alle in den erstenJahren, von Willy Brandt bis Teddy Kollek.
Calenberg: Das eigentliche Geheimnis ist aber nicht der Wortinhalt...
Kluth: ... auch die Moderation, klar...
Calenberg: Entscheidend ist die Musik. Akzeptanz beim Radio läuft über die Musik.
Seit 1990 ging es abwärts mit den Reichweiten. Wurde die falsche Musik gespielt?
Calenberg: Das fragen Sie die Verantwortlichen des Hauses, da halte ich meine Füße raus.
Sie müssen doch auch eine Meinung dazu haben.
Calenberg: Bei uns ist auch was falsch gemacht worden in der Musik.
Und in der Moderation?
Kalenberg: Da konnte man durchaus der Auffassung sein: Laßt mal neue ran. Das konnte ich akzeptieren. Aber man hat an der Musik rumgebastelt, das war gefährlich. Das Ergebnis seit 1992 ist bekannt.
Kluth: Alle die Menschen, die deutsche Titel bevorzugen, die sind abgewandert.
Ist das nicht eine komische Situation: Von der Spitzen-Reichweite 50 Prozent damals weggeholt, jetzt mit dem dritten Programm völlig neu anfangen zu müssen, bei Null sozusagen?
Kluth: Eine schöne Herausforderung. Ich glaube fest daran, daß die neue Welle erfolgreich sein wird, weil in diesem Bereich ne ganze Menge von dem erfüllt wird, was an Wünschen derzeit offen bleibt.
Calenberg: Wir fangen bei Null an, das hat ja auch einen Vorteil. Wir können nur Erfolg haben. Wenn es drei Prozent werden, sind es dreihundert Prozent Zuwachs.
Wäre es nicht sinnvoller gewesen, die Hansawelle organisch weiterzuentwickeln in diese Richtung, die sie jetzt im dritten Programm machen werden?
Calenberg: Lieber Herr Wolschner, Sie fragen mich jetzt das, was das Haus hätte machen müssen. Ich war immer ausführender Mitarbeiter.
Aber ihre persönliche Meinung?
Calenberg: Es wäre mindestens einfacher gewesen und was neues,modernes, Berg'sches, die „Radio-Illustrierte“, auf einer neuen Frequenz zu machen für flexible Leuten, die in der Lage sind, Schalter umzulegen.
Wieso flexibel?
Calenberg: Wir erwarten von den Menschen, die zum Teil etwas älteren Datums sind und den Anspruch haben, bedient zu werden, daß Sie einen technischen Vorgang an ihrem Radio vornehmen. Es wäre einfacher gewesen, die Hansawelle umzustricken.
Kluth. Nach dem, was ich so höre, kann ich sagen: Die Leute freuen sich darauf, sind ganz gespannt, und werden einschalten.
Verstehe ich richtig: Die Erfolgs-Rezepte der Hansawelle...
Calenberg: ... aus der Vergangenheit. Wenn man so will: die guten erfolgreichen Teile der Hansawelle, ehemals, im Sinne von Moderation und Redaktion, jetzt mit der neuen Musikfarbe; wir haben den Mut, ohne hochnäsig durch die Gegend zu laufen, einfach für die Leute Programm zu machen, eben „Melodie zum Durchatmen“.
Das wird ein Überraschungsei: Woher wissen die Leute denn, das da was neues kommt? Es gibt bisher nur einen kleinen Din-A-5-Handzettel...
Calenberg: Das war ein Schnellschuß. Das kommt noch.
In drei Wochen wollen sie starten!
Calenberg: Es wird in und umzu Bremens noch einiges passieren. Wir werden klotzen.
Fragen: K.W.
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