: Nur Freihandel bitte!
■ Mitteleuropa schließt sich zusammen – eigentlich wollen alle nur in die EU
Berlin (taz) – Im tschechischen Brno haben sich gestern die Ministerpräsidenten Polens, Tschechiens, der Slowakei und Ungarns zum Gipfel der Zentraleuropäischen Freihandelszone (Cefta) getroffen. Wichtigster Punkt der Konferenz hinter verschlossenen Türen: die Aufnahme Sloweniens in den exklusiven Viererklub. Als Beobachter waren zudem die Ministerpräsidenten Litauens, Rumäniens und Bulgariens dabei. Daran sollte sich diesmal auch nichts ändern.
Hauptsächlich sollte in Brno über einen schnelleren Abbau der Zölle zwischen den Cefta-Ländern beratschlagt werden, vor allem im Bankwesen und bei Agrarprodukten. Die Agrarzölle bilden schon seit Inkrafttreten der Cefta-Vereinbarungen im März 1993 einen der größten Streitpunkte zwischen den Mitgliedsländern.
Diskutieren wollen die Ministerpräsidenten Polens, Tschechiens, der Slowakei und Ungarns auch die zukünftige Gestalt der Cefta: Während Polen auf einen politisch-institutionellen Charakter der Cefta drängt und darin von Ungarn unterstützt wird, möchte der tschechische Regierungschef Václav Klaus die Rolle der Freihandelszone auf die Wirtschaft beschränkt sehen. Er fürchtet, daß die Europäische Union einen stärkeren Zusammenhalt der mitteleuropäischen Staaten als Argument benutzen könne, ihre Aufnahme in die EU zu verzögern.
An solchen Befürchtungen ist schon die politische Kooperation der vier Länder, bekannt unter dem Namen „Visegrad“, praktisch zerbrochen. Und vor allem wegen solcher Befürchtungen konnte die Cefta bisher nur eine untergeordnete Rolle zwischen den mitteleuropäischen Staaten spielen. Sie wird mehr oder weniger von allen Mitgliedsländern nur als Provisorium auf dem Weg in die EU betrachtet. Die EU ihrerseits hat, wie es der Wunsch vor allem Tschechiens und Ungarns ist, bislang nicht deutlich erklärt, ob sie die mitteleuropäischen Staaten nur zusammen oder auch einzeln bereit ist aufzunehmen.
Zwar hat sich der Handel zwischen Polen, Tschechien, der Slowakei und Ungarn seit dem Inkrafttreten der Cefta spürbar belebt. Doch während alle Cefta- Länder ihren Export bereits zu mehr als der Hälfte mit der EU abwickeln, machen Geschäfte zwischen ihnen jeweils nur um die fünf Prozent des Außenhandels aus.
Selbst das kleine Handelsvolumen schützt aber nicht vor Unstimmigkeiten. Beim ersten Cefta-Gipfeltreffen im November 1994 waren Ungarn und Tschechien im polnischen Posen aneinandergeraten: Ungarn hatte damals einseitig höhere Importzölle für Agrarprodukte eingeführt. Keno Verseck
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