: Die Bewältigung des DDR-Unrechts in Zahlen
Bei der Verfolgung der DDR- Regierungskriminalität haben die Staatsanwaltschaften in den neuen Ländern und Berlin bislang 336 Anklagen erhoben. Rund 170 Urteile wurden verkündet, wobei überwiegend Haftstrafen zur Bewährung ausgesprochen wurden. Die höchste Strafe ist vom Bundesgerichtshof gegen einen DDR-Grenzsoldaten verhängt worden. Er erhielt wegen Mordes zehn Jahre Haft. Die meisten Anklagen betreffen die Ahndung von Justizunrecht. In 118 Verfahren werden DDR- Richter und -Staatsanwälte beschuldigt. In 21 Fällen liegen bereits Urteile vor, die zumeist auf Freiheitsstrafe auf Bewährung lauten. Die höchste Strafe, die ausgesprochen wurde, betrug fünf Jahre Freiheitsentzug. Seit 1990 sind mindestens 25.000 Verfahren gegen Richter und Staatsanwälte eingeleitet worden, Tausende sind noch offen. Sie werden zumeist straffrei ausgehen, denn der Bundesgerichtshof entschied im September, daß auch das politische Strafrecht der DDR als seinerzeit geltendes Recht hingenommen werden müsse.
Wegen der Tötung von Flüchtlingen laufen Hunderte von Ermittlungsverfahren. 59 Anklagen wurden bislang erhoben, etwa 40 Mauerschützen-Prozesse wurden in erster Instanz abgeschlossen. Verantworten mußten und müssen sich u.a. acht Mitglieder des Nationalen Verteidigungsrates sowie sechs Mitglieder des Kommandos der Grenztruppen. Verurteilt wurden die Mitglieder des Nationalen Verteidigungsrates Heinz Keßler, Fritz Streletz und Hans Albrecht zu Strafen zwischen fünf und siebeneinhalb Jahren. Der mitangeklagte Erich Honecker verstarb. Im November werden sich die Politbüro- Mitglieder Egon Krenz, Harry Tisch, Günter Schabowski und Kurt Hager wegen mehrfachen gemeinschaftlichen Totschlages verantworten müssen. Angeklagt sind ferner der Chef der Parteikontrollkommission Erich Mückenberger, der SED-Personalchef der SED, Horst Dohlus, sowie der Wirtschaftsfachmann Günter Kleiber.
Die Justizverwaltungen gehen davon aus, daß die Verfolgung des DDR-Unrechts über das Jahr 2000 hinaus dauern wird. In Teilbereichen stehen die Ermittlungen erst am Anfang. So wurden bislang 285 Verfahren wegen der Mißhandlungen im DDR-Strafvollzug eingeleitet.
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